Chef im Urlaub

Die politische Internet-Zeitung aus Duisburg

Gestern konnte ich Ihnen im ersten Teil des Urlaubszweiteilers „Mob Rules“ - unter Bezug auf einen WAZ-Bericht - von der Bertramstraßenerzieherin P. erzählen, die es „ok findet“, Kindergartenkinder zu „bestrafen“, z.B. auch durch die Anweisung, die eigenen Klamotten ins Klo zu stopfen. Nun weiß ich zwar nicht, was genau in dem Marxloher Kindergarten geschehen ist; aber nach Angaben des Duisburger Jugendamtsleiters ist es „in der Tat zu dem Vorfall gekommen“.

Aber, was so ein tüchtiger Amtsleiter ist, der kennt natürlich seine Pflicht – in diesem Falle die Fürsorgepflicht. Nein, nicht in erster Linie für ein Vorschulkind aus anscheinend nicht ganz einfachen Verhältnissen – schließlich ist er ja nicht dessen Vorgesetzter. Nein, der Herr Leiter hat sich vor (oder hinter, egal) die Erzieherin zu stellen. Selbst dann, wenn er Urlaub macht und die WAZ anruft.
Der Jugendamtsleiter „hat aus seinem Urlaub heraus jetzt zu dem Vorfall Stellung genommen“, liest man dann, und von seinem „Verständnis für die Erzieherin“, „da sie in einer pädagogischen Absicht gehandelt habe." Ja eben, Zweck und Ziel sind entscheidend, die Absicht eben. Und die erzieherische Maßnahme muss selbstverständlich verhältnismäßig sein – wie in diesem Fall, „angesichts der Vorgeschichte“.
Schauen Sie: ich z.B. halte eigentlich gar nichts davon, Kinder zu schlagen. Aber, wenn es den verdient hat, mal so einen Klaps – in pädagogischer Absicht, versteht sich. Ehe so ein Blag völlig aus dem Ruder läuft. Und, jetzt mal nur so unter uns, darf man ja nicht laut sagen: so ein Türkenkind – da richten Sie mit gutem Zureden und Kuschelpädagogik und so weiter nicht viel aus. Da lacht so ein Bönsel doch nur. Wie gut, dass wir in unseren Kindertageseinrichtungen auch noch Erzieherinnen haben, die fest im Leben stehen, mit beiden Füßen auf der Erde. So eine wie die P. eben. Die fackelt nicht lange: Plörren ins Klo gestopft. Erwischt. Oder sagen wir: wer soll es sonst gewesen sein? – Also ganz flott kurze Erziehertätigkeit: „So, meine Liebe, jetzt Deine!“ Das ist dann mal eine Lehre.

Und was sagt die Erzieherinnenausbilderin dazu?

Sicher, dieser Erziehungsstil liegt nicht im Stil der Zeit, gilt nicht als modern. Nehmen wir z.B. Frau Dr. Ulrike Zenk, „die seit drei Jahrzehnten Erzieherinnen ausbildet“. Die Frau Doktor weiß natürlich, was Sache ist, wie auf eine solche Nachricht – nun ja: was man halt so hört – zu reagieren ist, nämlich zunächst einmal „entsetzt und geschockt“. Vollprofi, die Frau Dr. Zenk. Drei Jahrzehnten Erzieherinnenausbildung, die Welt hat sich verändert, nix mehr mit Frollein Rottenmeier, nein: die moderne, progressive Erzieherin in ihrem Lieblingszustand: „entsetzt und geschockt“. -
„Entsetzt und geschockt über solch ein menschenunwürdiges, womöglich ausländerfeindliches, in jedem Falle kinderfeindseliges Erzieherverhalten.“
Klasse! „Kinderfeindselig“ – ich wette, Sie haben bis gerade noch nicht einmal dieses Wort gehört. Genau lesen: nicht „kinderfeindlich“, sondern „kinderfeindselig“ – so lautet der Fachterminus. Ja, die Ulrike Zenk, in Pädagogik nicht nur das Diplom gemacht; schon dann weiß man eine ganze Menge. Z.B. ... mmhh, lassen Sie mich mal überlegen ... mmhh ... ja, kann ich ja auch gar nicht wissen. Ich habe doch gar kein Diplom, jedenfalls nicht in Pädagogik. Und jetzt überlegen Sie mal: die Frau Zenk, die hat dann danach auch noch ihren Doktor gemacht. Ja! Darin! – Doch , doch, das geht! Sowas gibt es!
Da muss man natürlich nicht nur von Erziehung und Kindern und so jede Menge Ahnung haben, sondern auch so ... – tja, wie soll ich sagen? Ja, auch so von allem, auch international und so. Multikulti so weiter. Und da sagt dann Frau Dr. Zenk: „Der Fäkalienkontakt ist für muslimische Kinder noch besonders schrecklich.“

Sagen Sie jetzt bitte nichts!
Am besten: später auch nicht!

Das konnte unser Jugendamtsleiter freilich nicht wissen. Der ist ja auch kein Doktor und auch sonst nicht – spielt ja jetzt auch keine Rolle. Jedenfalls: „Für die Haltung des Jugendamtsleiters hat Ulrike Zenk kein Verständnis.“ Und wenn schon eine promovierte Pädagogin kein Verständnis mehr hat. Wer dann?
Ich jedenfalls nicht. Und ich bin weder Pädagoge noch Frau noch Experte in so Fragen wie „der Muslim an sich und sein besonders schrecklicher Fäkalienkontakt“. Ja, ich gebe zu: auch ich bin promoviert, und: auch ich bin Dummschwätzer. Aber, glauben Sie mir: ich möchte auf keinen Fall auch nur in die Nähe gerückt werden! Allein die Vorstellung von Nähe zu einer besonders schrecklichen Erzieherinnenausbilderin.
Nur, fairerweise muss man sagen: wo sie Recht hat, hat sie Recht. Und Frau Doktor hat Recht, wenn sie sagt: "Diese Maßnahme ist durch nichts zu rechtfertigen. Allein die Idee ist absurd."
Auch wenn „die Toiletten nicht dreckig gewesen seien“, wie der Jugendamtsleiter zu berichten weiß: das Vorgehen ist alles andere als "pädagogisch diskutabel". Merke: Klamotten ins Klo zu stecken ist pädagogisch absolut indiskutabel.
Das sollte der Amtsleiter wissen. – Es ist auch kein Diskussionsprozess in Gang gekommen. Es sind auch keine Dementi zu dem WAZ-Bericht zu hören.

Jaja, ich weiß, ich weiß, ich weiß ... ich schreibe es aber nicht. Ich verkneife mir sogar den billigen Gag über den Amtsleiter und sein Verhältnis zu Türken. Sie ahnen schon: „positive Erfahrungen“ und insofern "pädagogisch diskutabel".
Nein, nein, ist schon okay. Ich vermute, er wollte gar nicht „positive Erfahrungen“ sagen; ich bin fast sicher, er wollte nicht von "pädagogisch diskutabel" sprechen. Fair geht vor; deshalb fordere ich überhaupt nichts. Außer vielleicht: keine Telefoninterviews mehr! Nicht mit der Presse! Nicht mit diesem Amtsleiter! Dann lieber mit seinem Chef, bei dem weiß man gleich: eigentlich meint er es nicht so.

Werner Jurga, 07.07.2008

 

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Mob Rules, Teil 1

Close the city and tell the people that something´s coming to call
Death and darkness are rushing forward to take a bite from the wall, oh
You´ve nothing to say.
They´re breaking away.
If you listen to fools...
The mob rules

Erste Strophe des Songtextes
 

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