Nach allen Seiten offen

Die politische Internet-Zeitung aus Duisburg

Es ist ja so: die Leute, die Mitglied einer politischen Partei sind, sind dort freiwillig. Einfach mal so zahlen die ihren Mitgliedsbeitrag und erhalten damit das Recht, sich  Wahlkampf für Wahlkampf am Infostand beschimpfen zu lassen. Das machen die einfach mal so, obwohl es ihnen gar nichts nützt. Und weil das so ist, bin ich i.d.R. dagegen, Probleme innerhalb einer demokratischen Partei administrativ zu lösen. Was „richtig“ ist, möge die Mehrheit entscheiden und nicht das Parteigericht. Die Minderheit kann dann innerhalb der Partei versuchen, für ihre Meinung eine Mehrheit zu erhalten, und selbstverständlich auch außerhalb der Partei ihre Meinung sagen – möglichst jedoch nicht im Namen der Partei.
Bei einer Volkspartei wie der SPD kommt noch hinzu, dass sie ohnehin ein breites Spektrum an Meinungen abzudecken, an Interessen zu vertreten, an kulturellen Milieus widerzuspiegeln hat. Da läuft natürlich nichts mit „Beschlusslage ist aber“, „der Vorsitzende hat aber gesagt“, sollte jedenfalls nicht laufen. Ehrlich gesagt: auch heutzutage gibt es hier und da in der SPD noch Defizite bei der innerparteilichen Demokratie.

Die SPD – neoliberal ? – Nee, oh, einfach liberal

Andererseits darf man aber inzwischen auch schon eine ganze Menge. Und zwar auf allen Ebenen: in Rheinhausen, in Duisburg, im Land / Bund.
Das erste Beispiel also aus unserem Stadtbezirk, da sitzt in der SPD-Fraktion der Bezirksvertretung der Kartoffelhändler Rudi Lisken. Der stimmt ab, wie er will – soll er ja auch, in der Fraktion. Das macht er aber dann auch im Bezirksparlament. Und auch wenn Ihnen die Medien ständig das Gegenteil einzureden versuchen, dies ist kein Zeichen von Demokratie, sondern vom Gegenteil. Denn da brauchen wir ja keine Fraktionen mehr, folglich auch keine Parteien mehr. Und wie Demokratie ohne (mehrere) Parteien funktionieren soll, konnte mir bislang noch niemand überzeugend erklären. Wenn nur die „Stars“ etwas zu sagen haben, sprechen wir von amerikanischen Verhältnissen; hat nur die Verwaltung zu bestimmen, nennt man das landläufig „Diktatur“.
Zurück zu Rudi Lisken. Mit dem hat jetzt der Vorsitzende geschimpft. Das möchte ich nicht kommentieren. Ich verweise auf die Bewertung des gänzlich unverdächtigen NRZ-Redaktionsleiters Tobias Bolsmann:
(Langen) Atem haben die Rheinhauser Sozialdemokraten längst bewiesen. Weil sie sich durch die Legislaturperiode arbeiteten, obwohl ein Mitglied die Mannschaft immer wieder aus dem Tritt zu bringen versuchte. Dass Fraktionschef Reiner Friedrich seinen Kollegen Rudi Lisken erst jetzt angreift, zeugt von erstaunlichem Langmut. Nun, in diesem Langlauf ist die Zielgerade 2009 ja schon zu sehen...

Wie auch immer, eins muss man dem Rudi Lisken lassen: der brauchte die SPD nicht, um reich zu werden. Thomas Krützberg, womit wir auf der Duisburger Ebene wären, dürfte nicht ganz so wohlhabend sein wie Rudi Lisken. Aber immerhin: Jugendamtsleiter ist ja auch schon mal was. Oben schrieb ich: in einer politischen Partei sind Leute, die machen das einfach mal so, obwohl es ihnen gar nichts nützt. Gut, das war etwas zu allgemein gesprochen. Krützberg zum Beispiel konnte m. E. * nur deshalb Amtsleiter werden, weil er Mitglied der SPD war (und ist). Die Arbeitsstellen ein oder zwei Ebenen „unter“ ihm werden im Grunde nur an Hochschulabsolventen vergeben. Ohne Abitur braucht man an diese Einkommen gar nicht zu denken. Langer Rede kurzer Sinn: Krützberg ist sichtbares Beispiel dafür, dass es früher eine „SPD-Filzokratie“ in Duisburg gegeben hat. Und so ist es denn auch keine Undankbarkeit, sondern eine Mischung aus Opportunismus und Feigheit, mithin derjenigen Eigenschaften, denen seine Karriere zuzuschreiben ist, die ihn sprechen lässt, er habe „positive Erfahrungen“ mit einem islamistischen Wohnheim gemacht. Nein, Krützberg ist nicht in einem islamistischen Heim erzogen worden, er hat auch nicht wirklich „positive Erfahrungen“ mit diesen Leuten gemacht, die, hätten sie das Sagen, jeden Sozialdemokraten unverzüglich abmurksen würden. Er quatscht halt sowas nur so daher, weil er keinen Ärger haben will.

Das verhält sich bei Wolfgang Clement ganz anders, womit wir die Ebenen von Land und Bund erreicht hätten.
Nein, auch der ist alles, was er geworden ist, nur durch die SPD geworden. Mit „anders“ meinte ich: Clement weiß, was er sagt. Und jetzt kann er bei der SPD nichts mehr werden, wohl aber in der Energiewirtschaft oder überhaupt in „Führungskreisen“. Aus der Partei rausfliegen möchte er dennoch nicht; denn auch das weiß er: das würde seinen „Marktwert“ doch arg schmälern. Deshalb wehrt er sich, wenn ein Parteiordnungsverfahren gegen ihn, nur weil er von der Wahl der SPD abgeraten hat, eröffnet wird, auch wenn er gerade keine Zeit hat, weil er gerade beim Wirtschaftsforum in Davos ein paar Brötchen hinzuverdienen muss. Da wirft er der Partei dann, Achtung: Rabaukentum vor. Kein Witz, hat er gesagt, der Clement. Dabei hätte er sich doch gar nicht so aufregen müssen, der alte Rabauke. Er bleibt uns ja erhalten. Wie heute gemeldet wird, muss er allerdings seitens der Schiedskommission mit einer Rüge rechnen. Ob er dagegen Einspruch einlegen wird ?

Die SPD – nach allen Seiten offen

Was lernt uns das ? Man kann sich in der SPD so ziemlich alles erlauben. Man kann ständig gegen die eigenen Leute stimmen, man kann sich wissentlich schützend vor islamistische Vereinigungen stellen, man kann Wahlkampf gegen die eigene Partei machen. Wer weiß, was man als SPD-Mitglied noch so alles darf ? Okay, ich werde das demnächst mal auf dieser Webseite ausprobieren. Es muss doch Dinge geben, die man in Deutschland vielleicht noch so eben, in der SPD aber eben nicht mehr sagen darf.
Ich fange mal so an. Vor 26 Jahren, also nach Genschers „Wende“ (ja: hieß so!) zur CDU, erzählte man sich unter Sozialdemokraten recht gern: wenn die FDP, wie sie sagte, „nach allen Seiten“ offen ist, dann sei sie nicht ganz dicht. Was wäre, wenn ich bei diesem postmodernen „Anything goes“, dieser erschreckenden – ein jede Partei zersetzenden – Beliebigkeit schriebe:

Die SPD – nicht ganz dicht

Werner Jurga, 20.04.2008

 

* m.E. = meines Erachtens. Muss ich sicherheitshalber einfügen; denn sonst handelte es sich bei diesem Satz um eine Tatsachenbehauptung, die ich nur schwerlich belegen könnte. Frage: können Sie völlig ausschließen, dass das Rechtsamt mit mir Streit anfängt, während es einen Amtsleiter in Frieden läßt, der nicht dementiert, “positive Erfahrungen” gemacht zu haben mit einer Vereinigung, die den Gottesstaat anstrebt, die Terror gegen die Zivilbevölkerung verherrlicht und folglich alles, worauf der Amtseid geschworen wird, aggressiv-kämpferisch ablehnt ?

 

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