Feuerpause

Die politische Internet-Zeitung aus Duisburg

Ich war noch gar nicht wieder richtig daheim, da habe ich Ihnen schnell einmal erzählt, was da so los war ... in Israel. Kaum etwas Persönliches, schon gar keinen Reisebericht. Ich war ja gerade erst zurück aus Israel - am letzten Wochenende.

Ich hatte Ihnen berichtet, dass der Beschuss Israels mit Kassam - Raketen andauert, und dass die Israelis versuchen, dies militärisch zu unterbinden. Und so hörte ich im Grunde ständig Hubschrauber starten und landen.
Ich habe versucht zu erklären, dass es diesmal etwas Anderes ist. Anders als in den meisten Fällen militärischer Konflikte und terroristischer Anschläge in der 60jährigen Geschichte Israels. Diesmal geht es um Israels Fähigkeit, das Leben seiner Bürger zu schützen, anders ausgedrückt: um Israels Existenz.
Ich war vorsichtig optimistisch, fast schon so etwas wie erleichtert, als ich der WAZ entnehmen konnte:

Israel und Hamas vereinbaren Feuerpause ...

Wenn man den Medien glaubt, handelt es sich dabei um einen zehntägigen Waffenstillstand. Israel und die radikal-islamische Hamas haben sich nach israelischen Medienberichten auf eine zehntägige Feuerpause verständigt. Beide Seiten dementierten die Berichte, haben jedoch seit drei Tagen ihre Angriffe weitgehend eingestellt.
So hieß es in einer dpa-Meldung, gebracht von der WAZ. Ganz klein, wie in den anderen Zeitungen. Aber doch ein Fünkchen Hoffnung, dass der einwöchige Raketenkrieg – wie gesagt: zeitgleich mit meinem Aufenthalt dort – ein Ende hat. Hoffnung nicht nur für Israel, den Gaza-Streifen und die ganze Region.

ROSPANZ20080110122-205

Seite 122 aus “Der Spiegel†11 / 2008 vom 10.03.2008

Hoffnung auch für Frau Schafii, eine Palästinenserin aus dem Gaza, die es mit Glück gleichsam im letzten Moment in ein israelisches Krankenhaus geschafft hat, ihre Zwillinge entbinden zu lassen. In Gaza hätte es keine Chance gegeben. Ich muss nicht darauf hinweisen, dass Israel keine Kliniken angreift; denn sie kennen ja die freundliche Formulierung: Israelis töten gezielt.
Die Hamas dagegen feuert einfach mal so, relativ ungenau, zum Beispiel auf die Großstadt Ashkelon. Nicht schön für Frau Schafii, dass sie ausgerechnet dort im Hospital liegt, und dass die Wöchnerinnenstation in den Luftschutzkeller verlegt werden musste, weil in 200 Metern Entfernung so eine Kassam - Weiterentwicklung („Grad“) einkrachte. Verständlicherweise macht auch Herrn Schafii, der im Gaza-Streifen bleiben musste, diese enorme Eskalation Sorgen. Er konnte vom Dach seines Hauses häufig beobachten, wie die radikal-islamischen Kämpfer aus dem Gestrüpp die Raketen Richtung Familie losfeuerten. Er sah sich nicht in der Lage, die Herren freundlich zu bitten, schon mit Rücksicht auf seine Familie ...
vgl. den Bericht aus dem aktuellen „Spiegel“, der freilich nicht kostenfrei erhältlich ist

... ohne, den Islamischen Dschihad zu fragen.Tst!

Aufmerksamen Lesern dieser Webseite wird aufgefallen sein, dass ich versprochen hatte, diesen Text schon gestern, also am Donnerstag, ins Netz zu stellen. Okay, ich höre mit diesen leeren Versprechungen auf, ist ja alles nur mein „Hobby“ – manchmal fehlen Zeit, Kraft oder Formulierung. Gut so; denn gestern Nachmittag erschien diese Meldung in der “netzeitungâ€:
Ein neuerlicher Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen auf Südisrael droht die Bemühungen um eine Waffenruhe zunichte zumachen. Die palästinensische Gruppe Islamischer Dschihad feuerte in der Nacht zum Donnerstag mehr als ein Dutzend Raketen über die Grenze.

Na bitte, die Hamas hat ihr Wort gehalten. Aber wieso fragt denn niemand den Islamischen Dschihad? Und was ist mit den Al-Aksa-Brigaden? Und dann taucht in den Nachrichten immer wieder die Formulierung auf: „die bislang unbekannte Gruppe“ – die heißt dann irgendwie „Rächende Märtyrer des Propheten“ oder „Zorn Allahs gegen die Zionisten und Kreuzritter“ oder sonst welche Dummen-Jungen-Phantasiegebilde. In deutschen Kindertagesstätten und Grundschulen könnten solcherlei Flachköpfe bei Delfin-Tests keinen Blumentopf gewinnen, mit viel Glück allenfalls einen ähnlich erbärmlichen Spielkameraden.
In Palästina sind derlei Hirnverbrannte schon zehn, fünfzehn oder zwanzig Jahre älter; und deren „Spielzeuge“ sind Kassam-Raketen. Mit wem, bitte schön, soll Israel eigentlich reden?

Werner Jurga, 14.03.2008

 

P.S.: kurz hatte ich am Montag erwähnt, dass letzten Sonntag im Ratssaal zum Ausklang der „Woche der Brüderlichkeit“ eine Festveranstaltung „60 Jahre Israel“ stattgefunden hat. Rudolf Dressler, vielen noch bekannt als SPD-Sozialpolitiker und „Gegenspieler“ von Norbert Blüm, hielt einen äußerst kenntnisreichen Vortrag über die Dramatik der Situation im Nahen Osten. Dressler war fünf Jahre lang deutscher Botschafter in Israel.
Duisburgs OB Adolf Sauerland hielt eine mutige und engagierte Eröffnungsrede. Anstatt sich in leicht auffindbares Sonntagsreden – Blabla zum Thema zu flüchten, begann er mit den aktuellen Ereignissen im Nahen Osten und appellierte - ohne jedwedes deutsche Gehabe - an unsere Verantwortung.

 

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