Die Polizei im Flaggen-Skandal

Die politische Internet-Zeitung aus Duisburg

Alle Polizisten sind nicht gleich, hatte ich Sie gestern wissen lassen und versprochen, dafür Belege anzuführen.

Recht deutlich wird die Verschiedenartigkeit der Uniformierten bei ihrer Haltung zum Duisburger Flaggenskandal, repräsentiert durch die beiden konkurrierenden Gewerkschaften. Da hätten wir einmal die Gewerkschaft der Polizei (GdP); sie ist eine DGB-Gewerkschaft, weshalb auch ihr nordrhein-westfälischer Vorsitzender Frank Richter gestern auf der Duisburger Maikundgebung die Hauptrede halten durfte. Konkurrenz ist die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG); deren Landes- und Bundesvorsitzender ist der Duisburger Rainer Wendt.
In der Beurteilung des Duisburger Flaggenskandals waren die beiden Gewerkschaftsvorsitzenden von Beginn an über Kreuz. Dabei mögen neben der erwähnten Organisationskonkurrenz auch die Parteifarben eine Rolle gespielt haben; doch deren Motive sollen uns hier nicht weiter interessieren.

GdP und DPolG

Die DPolG bezog jedenfalls sofort eine klare Position zu dem Vorgang. Bei Wikipedia ist zu lesen:
Rainer Wendt, NRW-Chef der "Deutschen Polizeigewerkschaft" kritisierte insbesondere auch den Duisburger Polizeipräsidenten Rolf Cebin, der die Polizei in völliger Unterbesetzung in den Einsatz geschickt habe. Der Demonstrationszug mit über 10.000 Teilnehmern wurde offenbar von nur 280 Polizisten begleitet. Wendt forderte daher Cebins Rücktritt und bezeichnete ihn als den "schlechtesten Polizeipräsident in ganz Deutschland".
Ebenso eindeutig hatte die GdP Stellung bezogen. NRW-Chef Frank Richter hatte sogleich, also schon im Januar, die Duisburger Kollegen in Schutz genommen. Denn die Welle der Kritik schwappte durch alle Parteien und erreichte auch den obersten Dienstherrn, den nordrhein-westfälischen Innenminister Ingo Wolf. Damit drohte den Duisburger Entscheidungsträgern ein Disziplinarverfahren.

Rechtsstaatsmininister Ingo Wolf – ohnehin ein Thema für sich - hat jedenfalls ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. Es wurde vorgestern vorgelegt; man beachte die hübsche vor-Alliteration: vorgestern vorgelegt. Eine Beweisschrift gegen die vorschnelle Vorverurteilung, meint jedenfalls GdP-Boss Richter. Das ist wirklich lustig!
Der Bielefelder Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Jürgen Vahle kommt nämlich zu dem Ergebnis, dass das Vorgehen der Duisburger Polizei am 10. Januar rechtens war. Dabei war, wie ich am 12. Januar schrieb,  festzustellen,
·dass die Polizei gegen das hohe Rechtsgut der Unverletzlichkeit der Wohnung ohne richterliche Genehmigung verstoßen hat,
·dass die Polizei das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung außer Kraft gesetzt hat,
·dass die Polizei Gewalttäter gewähren ließ, sich bereitwillig ihren Forderungen beugte, und
·sich auch nicht imstande sah, das Vermummungsverbot durchzusetzen.

Alles rechtens, meint Jura-Prof. Vahle. Ein Auftragsgutachten. Und andere Gutachter mit anderen Auftraggebern hätten auch zu einem anderen Ergebnis kommen können. Und dennoch: so ganz von Dummsdorf ist es ja nicht, wenn Vahle sich in die Lage des Einsatzleiters hineinversetzt.

Gutachten 01

Oder – ein paar Seiten weiter:

Gutachten 02

Ich empfehle „der Politik“, vor allem aber auch den Verantwortlichen bei der Polizei die Lektüre dieser beiden Ausschnitte, wenn das nächste Mal Milli Görüs oder irgendeine andere islamo-faschistische Organisation eine Demonstration (in Duisburg) anmeldet. Es lassen sich mannigfaltig Zeugnisse finden über das, was sich diese Meute am 10. Januar in Duisburg so alles erlaubt hat. Aber jetzt liegt dies auch mit rechtswissenschaftlichem Segen vor.

Auf dieser Basis kommt Herr Vahle jedenfalls zu dem (bestellten?)

 

Gutachten 03

Vahle zufolge verlief also der Polizeieinsatz am 10. Januar, zwar nicht in Gänze (ja Gott!), aber doch im Kern rechtmäßig.
Und so beginnt

Richters große Stunde

Denn endlich gibt es einen professoralen Zeugen für das, was Richter schon immer gesagt hat. Also legt er los:
„Die Behauptung, das Abhängen von zwei israelischen Fahnen am Rande einer Demonstration Anfang des Jahres in Duisburg sei rechtswidrig gewesen, ist durch ein Rechtsgutachten widerlegtâ€, erklärte der nordrhein-westfälische GdP Vorsitzende Frank Richter.
Okay, so weit kommt es einigermaßen hin; wobei: widerlegt - wie soll ich das jetzt erklären? – Lassen wir das: es ließ sich immerhin ein Professor finden, der bereit war, das Honorar für den gewünschten Blankoscheck entgegen zu nehmen. Okay.
Aber anstatt durchzuatmen und die Klappe zu halten, dreht der Gewerkschaftsboss jetzt erst richtig auf:
Ich erwarte, dass sich die Innenpolitiker des Landtags, die nach der Demonstration von einem „rechtswidrigen Polizeieinsatz†und einem „schwarzen Tag für die Demokratie†gesprochen haben, bei den vor Ort eingesetzten Polizeibeamten entschuldigen.

Hoppla! Jetzt wird klar, warum Richter nicht widersprochen, sondern widerlegt gesagt hat. Entschuldigen Sie, werter Polizeibeamter Richter! Die Argumentation im zitierten Gutachten ist mir zwar verständlich (sie ist ja auch nicht allzu schwer zu verstehen); und doch halte ich den Polizeieinsatz vom 10. Januar immer noch für rechtswidrig. Muss ich jetzt ins Gefängnis?
Und noch eine Frage: liefert das Gutachten irgendwelche Hinweise darauf, dass es sich beim 10. Januar 2009 nicht um einen „schwarzen Tag für die Demokratie“ gehandelt hat?

Die Innenpolitiker des NRW-Landtags hatten sich – trotz polizeilicher Aufforderung - vorgestern nicht entschuldigt; sie seien plötzlich ganz kleinlaut geworden, erzählt Frank Richter der NRZ. Und gerät darüber richtig in Rage.
„Eine riesengroße Sauereiâ€, reagierte Richter, „das ist eine Frage des politischen Anstands.â€
Ja, der deutsche Anstand. Nachdem die Bilder aus der Claubergstraße um die ganze Welt gegangen waren, kommt GdP-Chef Richter jetzt mit Anstand. Nicht zu fassen!
Er wisse gut um das sensible Verhältnis zu Israel, sagte der Gewerkschaftschef der NRZ.
Gut zu wissen. Herr Richter hat das Selbstverständliche extra deshalb einmal gesagt, um daraufhin völlig auszuflippen:
Aber die Polizei schütze die Demokratie – „und sie wurde von der Politik in eine Ecke gestellt, wo sie nicht hingehört.â€

Ja, geht´s denn noch? Die Politik. Welcher Politiker, welcher NRW-Innenpolitiker hat denn die Polizei in welche Ecke gestellt? Wer bitteschön hat unsere Polizei als Sympathisanten der Islamo-Faschisten dargestellt? – Man fasst sich an den Kopf. Die Polizei hat sich in dieser Situation objektiv und unfreiwillig zum Handlanger dieser Feinde der Demokratie gemacht. So war das, und so hat das auch der ein oder andere Politiker gesagt. Es wäre die Aufgabe eines Polizeigewerkschaftlers, etwas dazu beizutragen, dass so etwas nie wieder passiert, anstatt uns mit einer Banalität wie dieser zu belästigen:
„Polizeibeamte, die bei Demonstrationen eingesetzt sind, nehmen aber nicht für die Demonstranten und deren politischen Ziele Partei, sondern sie schützen das Grundrecht auf Demonstrationsfreiheitâ€, betonte Richter. „Deshalb haben sie auch einen Anspruch auf die uneingeschränkte Unterstützung durch die Politik, wenn sie das Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit schützen.â€
Natürlich haben sie das. Gestern ist an vielen Orten wieder deutlich geworden, welch schwierigen und gefährlichen Job Polizeibeamte haben. Sie halten für unsere Demokratie ihre Knochen hin und haben schon allein deshalb Anspruch auf die Solidarität aller Demokraten – uneingeschränkt?
Nun ja, den Beamten gilt auch dann unsere Solidarität, wenn sie Fehler machen. Aber wir müssen drüber reden dürfen, und sie haben selbstverständlich auch dafür den Kopf hinzuhalten. Wie jeder Andere auch. 

Und noch eins, weil Frank Richter sich da wirklich stark vertut. Zur Debatte stand und steht hier die Güterabwägung zwischen der Unverletzlichkeit der Wohnung und dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung auf der einen Seite und der Abwehr von Gefahren für Leib und Leben auf der anderen Seite. Die Demonstrationsfreiheit war am 10. Januar zu keinem Zeitpunkt in Gefahr, jedenfalls nicht diejenige der islamistischen Judenhasser.
Für deren Freiheit muss kein deutscher Polizist seine Haut riskieren, Herr Richter. Was reden Sie da bloß?!

Werner Jurga, 02.05.2009

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