Cebins sofortiges Bewusstsein

Die politische Internet-Zeitung aus Duisburg

Die Vorgänge am 10. Januar in der Claubergstraße, bekannt geworden unter Duisburger Flaggenskandal, unterzieht der scheidende Polizeipräsident Cebin einer abschließenden Bewertung – und zwar in einem Rundbrief an all jene, die sich bei ihm über das Vorgehen der Polizei beschwert hatten.

Gestern habe ich bereits einige Zitate aus Cebins Schreiben kommentiert; es ging um historische Verantwortung, die indes im Rechtsstaat … na ja, können Sie ja nachlesen.
Sie erinnern sich: weil der gewaltbereite antisemitische Mob völlig auszuflippen drohte, als er im Fenster einer Duisburger Wohnung israelische Fahnen zu Gesicht bekam, drangen Polizisten gewaltsam in diese und eine andere Wohnung ein und entfernten unter dem verzückten Gejohle des faschistischen Pöbels den Davidstern.
Auch mir war die Problematik sofort bewusst, schreibt Rolf Cebin – was auch immer damit gemeint sein mag. Ja, das glaube ich, das war ihm unmittelbar klar, dass da jetzt irgendwie etwas schief läuft. Irgendwie blöd jetzt. Bewusst im Sinne von Bewusstsein, Bewusstheit oder gar: Haltung – das geht natürlich nicht sofort. Jedenfalls ging es nicht. Jedenfalls nicht bei Herrn Cebin.

Rolf Cebin sein Bewusstsein

Doch egal in welcher Phase seiner Bewusstseinsbildung sich der Polizeipräsident auch jeweils befunden hat, aus jeder Zeile seines Antwortschreibens klingt raus:
Ich habe Recht, ich hatte Recht, und ich würde auch weiterhin immer Recht haben, wenn ich nicht jetzt ohnehin Feierabend hätte. Erinnern wir uns: drei oder vier Tage lang hatte Cebin das Vorgehen der Polizei umstandslos gerechtfertigt, sich dann um 180 Grad gedreht, sich sogar öffentlich entschuldigt, um dann Anfang dieses Monats in die Ausgangsposition seines Altersstarrsinns zurückzufallen. In seinen Worten liest sich dieser Prozess so:
Das Abnehmen der israelischen Fahnen hat unmittelbar nach dem Einsatz zu einem hohen - überwiegend negativen - Medienecho geführt und politisch Verantwortliche haben ihr Unverständnis über das polizeiliche Handeln geäußert.

Rolf Cebin hält kaum hinter dem Berg damit, dass er auf einige Landespolitiker genauso sauer ist wie der GdP-Vorsitzende Frank Richter, der – gleichsam qua Amt – deutlichere Worte wählen durfte.
Die öffentlichen und politischen Reaktionen waren so heftig, dass ich mich insbesondere bei den jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern für die durch das polizeiliche Tätigwerden verletzten Gefühle entschuldigt und die Verantwortung für den polizeilichen Einsatz übernommen habe.
Das heißt nichts Anderes, als dass Cebin sich ohne diese heftigen Reaktionen nicht im Traum entschuldigt hätte, auch nicht bei den jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern. Das haben wir uns auch so gedacht; nett, dass Herr Cebin dies jetzt einmal in aller Klarheit gesagt hat.

Jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger

Und dann diese Sprache! Jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger - wann hat Rolf Cebin das letzte Mal etwas über seine christlichen Mitbürgerinnen und Mitbürger geäußert? Okay, mit den Türken fing das vor dreißig Jahren auch so an; also Schwamm drüber. Meines Erachtens handelt es sich bei den Leuten, die in der Synagoge beten, um Juden. Was soll daran so schlimm sein? Für die für ihren überschießenden Feminismus sattsam bekannten sozialdemokratischen Polizeipräsidenten ginge freilich auch die Formulierung Jüdinnen und Juden – da bin ich ganz liberal. Aber wenn es denn sein muss: von mir aus auch die Mitbürgerinnen:
Ich verstehe nach wie vor, dass bei vielen Mitbürgerinnen und Mitbürgern - vor allem jüdischen Glaubens - beim Ansehen der Bilder vom Abnehmen/Abhängen der israelischen Fahnen im Fernsehen, im Internet und in den Printmedien fürchterliche Erinnerungen aufkamen. …
So, das versteht er also - nach wie vor. Was wäre eigentlich die Alternative gewesen? Zunächst ein im sofortigen Bewusstsein gemurmeltes Kann man ja auch verstehen, aber nach Wochen dann Was stellen die sich denn so an? Das geht natürlich nicht; also: nach wie vor. Wobei: 

Ergänzend möchte ich anmerken - dies hat allerdings keine Bedeutung für die nachfolgenden rechtlichen Aussagen - dass der polizeibekannte Wohnungsinhaber nach dem Anbringen der Fahnen die Wohnung verlassen, von der gegenüber befindlichen Straßenseite das polizeiliche Einschreiten beobachtet und gegenüber Polizeibeamten seine Bedenken gegen das polizeiliche Handeln geäußert hatte.
Aha, diese Ergänzung hat zwar keinerlei Bedeutung, sollte aber doch unbedingt einmal angemerkt werden. Denn einer muss ja Schuld sein. Die Polizei war es nicht. Die nach Cebins Ansicht problemlosen und zuverlässigen Kumpels von Milli Görüs auch nicht. Aber dieser Kamerad, der da mal so einfach provoziert.

Polizeibekannt, der junge Mann

Polizeibekannt ist er. Das reicht, mehr muss nicht mehr gesagt werden. Der inzwischen 22jährige hatte nämlich vor fünf Jahren, also im zarten Alter von 17, NPD-Wahlplakate weggemacht oder kaputtgemacht. Dabei hat er sich erwischen lassen. Blöde, kann passieren, ist mir aber nie passiert. Und zu diesem Zeitpunkt war er auch ein sog. „Anti-Deutscher“; aber, so hat er mir versichert, mit dieser Szene habe er nun definitiv nichts mehr zu tun.
Was mir ziemlich wurscht ist. Ich hatte zwar auch – genau wie Monika Düker von den NRW-Grünen - angenommen, dass die „Anti-Deutschen“ die Aktion am 10. Januar eingefädelt hatten; nur: im Gegensatz zu Frau Düker wäre es mir egal gewesen. Er hätte Anti-Franzose, Anti-Amerikaner (ist ja jetzt nur ein Bespiel), Anti-Liechtensteiner (gibt es ja auch) oder meinetwegen auch gegen Alle und alles sein können: er darf eine Israel-Fahne ins Fenster hängen!

Ja, ich kenne den jungen Mann. Aber noch nicht so lange; er hatte mich angerufen. Netter Kerl. Das muss so Anfang dieses Monats gewesen sein, als der Landtag über den professoralen Persilschein in dieser Sache befunden hatte.
Ich schwöre es: davor wusste ich nicht, wer es war. Davor wusste ich nicht, wer es ist. Jetzt kenne ich ihn halt. Das ist ja nicht verboten. Der Herr Cebin kennt ihn ja auch. Ja sicher, weil er polizeibekannt ist?! Ich bitte Sie: auch ein Polizeipräsident kann ja nun nicht alle kennen. Nein, der Rolf Cebin kennt unseren jungen Mann mit den Israel-Flaggen privat ganz gut. Echt! Das ist zwar absolut sachfremd. Genauso sachfremd wie die zuletzt zitierte ergänzende Anmerkung Cebins. Und genau in dieser Ähnlichkeit liegt der enge Zusammenhang.

Witzig, nicht wahr? – Er geht ja in Pension.

Werner Jurga, 31.05.2009                                     Cebins tiefste Betroffenheit

 

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