Amnesty und Gazakrieg

Die politische Internet-Zeitung aus Duisburg

Hand aufs Herz: wissen Sie noch, welches Thema zum Jahreswechsel die höchste politische Aufmerksamkeit genoss? Oder genauer gefragt: wussten Sie es noch?
Denn jetzt ist es ja ein bisschen einfach. Sie haben diesen Artikel hier angeklickt und können oben den Seitennamen sehen. Nun gut, Sie müssen es ja selbst wissen, wie ehrlich Sie mit sich umgehen.

In meinem ersten Beitrag in diesem Jahr, nämlich am 1. Januar, erzählte ich Ihnen von einer Post aus Beer Sheva. Da wohnt nämlich ein Freund von mir, und seine Stadt ist von der Hamas mit Grad-Raketen („Stalin-Orgeln“) beschossen worden. Am 3. Januar plädierte ich gegen eine Bodenoffensive.
Das war ein Samstag; trotz Sabbat marschierte die israelischee Armee in den Gazastreifen ein. Dies liegt nun ein halbes Jahr zurück.

Amnesty International (AI) hat jetzt einen Bericht über den Gazakrieg vorgelegt. Ich werde mich darauf beschränken, hier auf die Berichterstattung in den deutschen Zeitungen hinzuweisen, und kurze Anmerkungen dazu machen, wie der AI-Bericht dargestellt wird. Im Original habe ich ihn nicht gefunden, auch nicht auf Englisch. Das macht aber nichts; denn mir geht es um die deutschen Medien.
Und zwar um diejenigen Zeitungen, auf die ich bevorzugt auf meiner Startseite hinweise. Dass Israel weder bei der Jungen Welt noch bei der Jungen Freiheit besonders auf wohlwollende Berichterstattung rechnen darf, ist von vornherein anzunehmen.
Die Zeit eröffnete gestern Morgen mit

Gaza-Krieg - Amnesty wirft Israel
und Hamas Kriegsverbrechen vor

Dies ist ausgewogen, womit ebenfalls zu rechnen war, da die Zeit als frei von antijüdischen Vorbehalten gilt. Das war beim Spiegel nicht immer so, hat sich aber vor Jahren schon zum Bessren entwickelt. Also titelte Spiegel Online Gaza-Krieg - Amnesty wirft Israel und Hamas Kriegsverbrechen vor. Ich habe dies extra noch einmal genau überprüft; es stimmt: Zeit und Spiegel haben die gleiche Überschrift gewählt.
Noch zeitiger als die Zeit war gestern die Welt damit im Netz. Springers Welt gilt im deutschen Blätterwald sozusagen als Flaggschiff im Kampf für Israel. Doch was ist das? Krieg im Gazastreifen - Amnesty wirft Israel Kriegsverbrechen vor. Also, wenn sogar die Welt … 
Sollte es Sie etwas verwirrt haben, dass die Welt noch vor der Zeit ihren Bericht draußen hatte, ich aber schreibe: „die Zeit eröffnete“, dann ist dies recht einfach erklärt. Wie gesagt: wenn sogar die Welt, dann kann selbstverständlich auch die Zeit.

Amnesty International - Harte Vorwürfe von Amnesty gegen Israel, hieß es dann bei Zeit Online am Nachmittag. Die Kopperation zwischen der Zeit und dem Tagesspiegel ist bekannt:

Gazakrieg - Amnesty macht Israel schwere Vorwürfe

Und die Financial Times gefällt mir eigentlich auch ganz gut. Sie schreibt: Bericht über Kriegsverbrechen - Amnesty erhebt Vorwürfe gegen Israel.
Keine Frage: Amnesty hat Israel schwere Vorwürfe gemacht. Aber nur mal unter uns: würden Sie nach all den von mir zitierten Überschriften annehmen, dass der AI-Bericht in Bezug auf Israel von Elementen rücksichtslosen Verhaltens spricht, es in Bezug auf die Hamas aber heißt: Angriffe auf zivile Ziele mit wahllosen Raketen verstoßen gegen das humanitäre Völkerrecht und sind unter keinen Umständen zu rechtfertigen. Hand aufs Herz: das finden Sie doch jetzt auch ein bisschen merkwürdig. Oder?

Werner Jurga, 03.07.2009

 

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