Solidarität mit Ouagadougou

Die politische Internet-Zeitung aus Duisburg

Genosse Steinbrück hat, wie Sie den Medien entnommen haben, den souveränen afrikanischen Staat Burkina Faso in eine Reihe mit Ländern wie Liechtenstein, Österreich und die Schweiz gestellt.

Nach dieser politischen Instinktlosigkeit sind auch die letzten Wohlmeinenden vom deutschen Finanzminister abgerückt. Klar: von der Kanzlerin war nichts Anderes zu erwarten. Aber auch Genosse Steinmeier, der bis vor kurzem noch mit dem Rüpel gemeinsam in der Band „die Stones“ spielte, kündigt dem Peer die Freundschaft. Und das Schlimmste: jetzt auch Heiko Maas, der wahlkämpfende SPD-Chef von der Saar!
Und ich finde das auch irgendwie nicht so gut, was der Peer da gesagt hat.

Solidarität mit Ouagadougou !

Unser Finanzminister hatte sich mal wieder – völlig zu Recht – aufgeregt über die „Steueroasen“ in den Alpen und sie daraufhin – zum völlig legitimen Zwecke der Beleidigung – verglichen mit Ouagadougou. Das jedoch ist völlig illegitim.
Es ist zunächst einmal völlig unpassend. Ouagadougou ist nämlich eine Stadt; Luxemburg, Österreich und die Schweiz sind Staaten. Wollen Sie wissen, warum er dennoch von Ouagadougou gesprochen hat, und nicht von Burkina Faso, dessen Hauptstadt Ouagadougou ist?

Es kann natürlich sein, dass der Peer einfach nicht so richtig Bescheid weiß, zitiert ihn doch die Netzeitung mit dem Satz:
«Selbstverständlich werde ich sie zur Nachfolgekonferenz im Juni in Berlin einladen: Luxemburg, Liechtenstein, Schweiz, Österreich, Ouagadougou.»
Wahrscheinlicher ist jedoch, dass der deutsche Minister sich standhaft weigert, geographisch-politische Tatsachen zur Kenntnis zu nehmen. Ganz einfach deshalb, weil sich Ouagadougou lustiger anhört als Burkina Faso.
Ouagadougou – das klingt so richtig schön negroid. Das klingt nach Trommeln im afrikanischen Busch. Sprechen Sie das einfach mal aus: Ouagadougou. Das ist doch lustig. Das hat doch so etwas vom Menschenaffen. Klar, dass sich da die Schweizer ärgern, wenn sie mit so was verglichen werden! Timbuktu, was zumeist in derartigen Fällen angeführt wird, wäre ja schon schlimm genug gewesen. Aber Ouagadougou – echt der Hammer!

Andere Frage: wissen Sie eigentlich, ob Timbuktu eine Stadt oder ein Staat ist? – Na egal, war nur so nebenbei, ist ja auch wurscht, muss auf jeden Fall da auch irgendwo in der Ecke sein.

Steinbrück muss sich entschuldigen!

Die Frage „Was ist so schlimm an Ouagadougou?“ wäre damit eigentlich beantwortet; die Süddeutsche Zeitung stellt sie aber in der ihr eigenen Unschuld trotzdem. Nein, nicht dem Peer Steinbrück. Sie stellt sie Xavier Niodogo, dem Botschafter von Burkina Faso in Deutschland. Klar, dass der an Ouagadougou nichts Schlimmes finden kann; sagt er doch:
Für uns ist dieser Vergleich tatsächlich schlimm - und sehr überraschend. Burkina Faso ist Mitglied der Union économique et monétaire ouest-africaine (UEMOA), einer Institution, in der man die wirtschaftliche und fiskale Politik aufeinander abstimmt - unsere Regeln entsprechen ganz und gar den internationalen Ansprüchen. Wir nehmen die Nennung Burkina Fasos in dieser Reihung mit vermeintlichen Steuerparadiesen übel. Wir werden Herrn Steinbrück um eine Erklärung bitten, warum er Burkina Faso in diesem Zusammenhang erwähnt hat - und gegebenenfalls eine Entschuldigung verlangen.

Ja, da bin ich auch mal gespannt, was dem Genossen Steinbrück dazu einfällt. Xavier Niodogo hat nämlich Recht: Burkina Faso steht nicht auf der Liste der Staaten, denen die OECD unzureichenden Einsatz gegen Steuerhinterziehung vorwirft. Sicher, auch in Burkina Faso ist die Finanzverwaltung nicht perfekt, nicht einmal in Ouagadougou. Das sagt auch die Finanzbürgermeisterin von Burkina Fasos Hauptstadt Ouagadougou, Minata Ouédraogo.
Sie hat das Afrika-Bild von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück gerügt. Die Hälfte der 1,2 Millionen Bewohner Ouagadougous lebe unter der Armutsgrenze von einem US-Dollar pro Tag und die andere Hälfte suche zum Großteil als Straßenhändler oder Gelegenheitsarbeiter ein Auskommen. "Da ist leider nicht viel Geld, das der Staat abschöpfen könnte", sagte Ouédraogo der "Berliner Zeitung" …
Man könne eben von einem Land, das auf dem UN-Index für menschliche Entwicklung auf dem 176. und vorletzten Platz rangiere, das die Bevölkerung nur unvollkommen mit dem Notwendigsten versorge, auch keine perfekte Finanzverwaltung erwarten.
Zu dem vielen, was ihr Land nicht habe, gehörten freilich auch Nummernkonten, sagte Ouédraogo.

Da haben wir es ja. Stimmt es also doch: Steinbrücks Vergleich ist herabsetzend, wenig schmeichelhaft, beleidigend, und was sonst noch die Herrenmenschen alles so sagen. Sie haben zwar keine weiße Weste, dafür aber eine Hautfarbe, die man weiß zu nennen pflegt. Die Ganoven, die nichts dagegen haben, dass man ihre Hehlerbanden „Steueroasen“ nennt, heulen laut auf, wenn nicht einmal sie, sondern nur ihre Politik in Zusammenhang gebracht wird mit einem Städtenamen, der ahnen lässt, dass dort Leute leben, die nicht einmal ein paar Ski ihr Eigen nennen. Unter uns: Neger eben.

Logisch, so etwas sagt man nicht. In diesen Kreisen reicht einfach: Ouagadougou.

Werner Jurga, 08.05.2009

 

[Jurga] [Home] [März 2010] [Marxloh stellt sich quer] [Februar 2010] [Januar 2010] [2009] [Dezember 2009] [November 2009] [Oktober 2009] [September 2009] [August 2009] [Juli 2009] [Juni 2009] [Mai 2009] [April 2009] [März 2009] [Februar 2009] [Januar 2009] [2008] [2007] [Kontakt]