Solidarität mit Janicki!

Die politische Internet-Zeitung aus Duisburg

Recht häufig, also nicht erst seit einer Woche, aber seit einer Woche verstärkt, habe ich den gut gemeinten Tipp bekommen: „Mach´ doch mal wieder etwas zur Janicki!“ Oder, nicht ganz so imperativ, sondern mehr so als Frage: „Wann machst Du denn mal wieder etwas zur Janicki?“ Wenn ich es mir recht überlege, hat die Frageform eigentlich noch etwas mehr Drive als die Befehlsform. Deshalb unschlagbar; und so kam es freilich erst vor ein paar Tagen: „Warum machst Du denn nichts zur Janicki?!“

Das etwas kann inzwischen getrost weggelassen werden; denn die OB-Kandidatin der Grünen, Bürgermeisterin Janicki, ist ins Gerede gekommen. Vor einer Woche enthüllte der Chefredakteur der Duisburger NRZ, Götz Middeldorf, dass Frau Janicki ihre vollen Bezüge als Lehrerin erhält, obgleich sie, seitdem sie Bürgermeisterin ist, ihrer Tätigkeit in der Schule nur eingeschränkt nachkommt. Und seit Beginn des Wahlkampfes noch eingeschränkter.
 

Wurde Lehrerin für Wahlkampf zu oft freigestellt?

fragte Middeldorf in der Überschrift. Nach Lage der Dinge ist die Frage berechtigt, und Frau Janicki wird gewusst haben bzw. wissen müssen, dass sie sich als OB-Kandidatin gefallen lassen muss, dass solch eine Frage gestellt wird. Und wir, das Publikum, sollten wissen bzw. daran denken, dass es sich einstweilen um eine Frage handelt.

Die Duisburger Grünen – so schön kann Wahlkampf sein – erklären schon einmal zu den Vorwürfen gegen unsere OB-Kandidatin Doris Janicki, dass da überhaupt nichts dran ist und belegen dies mit einer Pressemitteilung der Bezirksregierung. Dabei verschweigen sie willentlich, dass der Vorgang im NRW-Schulministerium ganz anders beurteilt wird. Plump. Dagegen ist Steinmeiers Management in Ulla Schmidts Dienstwagenaffäre fast schon locker.
O-Ton Duisburger Grüne:
Offenbar scheint es gute Tradition zu sein, dass die Presse (und in ihrem Schlepptau die SPD) kurz vor den Wahlen eine Kampagne startet, um unsere OB-Kandidatin Doris Janicki zu verunglimpfen.
Erbarmen! Oh Herr, Verzeihung: oh Dame. Wenn ich nur mal zwei Fragen stellen dürfte. Erstens: befindet sich die SPD wirklich im Schlepptau der Presse oder ist es nicht vielmehr die Presse, welche sich im Schlepptau der SPD befindet? Zweitens: die wuchtigste Pressekampagne gegen Frau Janicki fand im Herbst 2007 statt – im Anschluss an die von ihr geleitete Reise einer Duisburger Delegation nach China. Welche Wahlen standen da denn noch mal an?

Ja, ich habe mich -  übrigens ohne jede wahltaktische Erwägung, liebe Grüne – im Schlepptau der Presse und / oder der SPD an dieser Kampagne beteiligt und dabei teils heftig, teils grenzwertig frivol formuliert. Und ich bin heute noch ganz sicher, dass dieser Stil dem kritikwürdigen Verhalten der Bürgermeisterin angemessen war. Kongruenzprinzip.
Bei dem, was gegenwärtig gegen Frau Janicki inszeniert, und was über den Kommunalwahltermin hinaus warm gehalten werden wird, kann davon in keiner Weise die Rede sein.
 

Solidarität mit Janicki

Ich gehe davon aus, dass die Grünen mir zustimmen werden, dass es die genuine Aufgabe der Presse als „Vierte Gewalt“ ist, Politiker in Hinblick auf Machtmissbrauch, wie z.B. persönliche Vorteilsnahme, zu kontrollieren.
Da ist Middeldorf fündig geworden, und dabei spielt es keine Rolle, welches Motiv ihn hier getrieben hat. Wahlkampf gegen die ohnmächtigen grünen Opfer? Probleme der NRZ innerhalb der WAZ-Gruppe? Oder einfach der behauptete Umstand, dass mit Wahlkampfbeginn Frau Janickis Dienstauffassung in besonderer Weise zu beanstanden sei. Noch mal, liebe Grüne, es spielt keine Rolle. Und wenn es einfach bei Middeldorf so wie bei mir gewesen wäre, nämlich dass ihm einfach der ganze Mensch Janicki nicht passt. Belanglos.

Nach der NRZ haben sie alle nachgezogen: die WAZ natürlich und auch die linken Freunde aus der Duisburger Blogger-Szene. Ich selbst hatte freilich auch auf der Startseite die entsprechenden Links gesetzt. Chronistenpflicht. Aber ich wollte halt, wie eingangs angedeutet, „zur Janicki nichts machen“.
Das wollte ich ohnehin schon seit langem nicht mehr, obwohl Stoff für eine ganze Serie da wäre. Und diese Schulstunden-Story war mir von Beginn an etwas suspekt. Nicht, dass mir bei Frau Janicki sogleich die gebotene Unschuldsvermutung in den Sinn käme. Daran konnte es wirklich nicht gelegen haben. Was aber war es dann?

Es dauerte ein wenig, bis ich auf den Kommentar, genauer: den Wochenkommentar von Rainer Zimmermann stieß. Zimmermann ist Chefredakteur von Radio Duisburg und bis zu der von ihm „moderierten“ Live-Sendung vorgestern Abend (Rededuell Brandt / Sauerland) mir bislang nur ein einziges Mal aufgefallen. Er bekundete in der Dierkes-Affäre seine Sympathie für die antisemitischen Äußerungen des damaligen OB-Kandidaten der Linken und seine Antipathie gegenüber einem Sprecher der Deutsch-Israelischen-Gesellschaft. Zimmermann war solidarisch mit dem notorischen Antisemiten Dierkes und hatte sich nicht entblödet, mir folgendes vorzuhalten:
Dieses seriöse und eher nachdenkliche Kind der Arbeiter- und Umweltbewegung deshalb nun aber bundesweit als notorischen Antisemiten zu beleidigen, wie es z.B. Sprecher der deutsch-israelischen Gesellschaft fast im Minutentakt tun, ist eine absolute Frechheit und sicherlich politisch motiviert.
So in seinem Wochenkommentar vom 27. Februar. Frau Janicki ließ uns, soweit ich es mitbekommen habe (1), nicht wissen, was sie von der ganzen Sache gehalten hat. Aber auch dies ist hier nicht von Belang. Interessanter ist hier schon, dass ein halbes Jahr später besagter Zimmermann einen Wochenkommentar ablässt mit dem Titel Janicki und die Arbeit.
Auch aus Rücksicht auf Frau Janicki verzichte ich auf den Link. Ich kann Sie nicht davon abhalten, das sprachlich dürftige Gestammel dieses Radio-Rainers selbst zu suchen. Allein die Überschrift Janicki und die Arbeit reicht, um zu ahnen, woher der Wind weht, der uns diesen üblen Furz in die Nase treibt.
 

Flachkopf auf Hexenjagd

Dieser erbärmliche Neidhammel, der es nicht verwinden kann, dass andere täglich in ihrer Freizeit Besseres formulieren können als er selbst dienstlich einmal in der Woche, hält die Bürgermeisterin für zu faul und für überbezahlt, jedenfalls im Vergleich zu ihm selbst, dessen ehrliche Arbeit mit ein paar Kröten abgespeist wird.
Ihm gebührt jedoch der Dank, dass ich nicht mehr die Augen davor verschließen konnte, worum es in der Anti-Janicki-Kampagne eigentlich geht. Es geht gar nicht um Frau Janicki, nicht um ihre Präsenz in der Schule, nicht um finanziell relevantere Fragwürdigkeiten; es geht auch nicht um ihre Politik zugunsten der CDU.
Die Attacke zielt vielmehr symbolisch auf eine Frau, die – inzwischen gewiss zu Unrecht – als Linksalternative und – vermutlich zu Recht – als Gründungsfigur eines feministischen Netzwerks gilt.

Und deshalb soll sie nicht ganz oben in der Hierarchie unserer Stadt stehen. Sonderschullehrerin, Frauenrechtlerin, linke Öko-Tussi – und so was will uns regieren?! - Gegen solche Angriffe verdient Frau Janicki in Schutz genommen zu werden. Ich könnte politische wie auch in ihrer persönlichen Eignung liegende Gründe benennen, die mich hoffen lassen, dass Frau Janickis Zeit als Bürgermeisterin zu Ende geht. Doch der gesunde Volkszorn, der hier angerührt werden soll, ist verdächtig.
Vielleicht reagiere ich übersensibel, und es liegt „nur“ am Wahlkampf. Okay, dann wäre ja in drei Tagen Schluss mit diesem Zeug.

Werner Jurga, 27.08.2009
 

(1) Da habe ich etwas nicht mitbekommen: auch Frau Janicki hatte seinerzeit ein vernünftiges Statement zu Dierkes´ Boykottaufruf abgegeben.

 

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