Prof. Korte

Die politische Internet-Zeitung aus Duisburg

Regelmäßig gewährt uns Prof. Dr. Karl-Rudolf Korte samstags in der WAZ Einblick in seinen Blickwinkel. Karl-Rudolf Korte ist Politikwissenschaftler an der Uni Duisburg-Essen und Leiter der "NRW-School of Governance". Als solcher ist er der Star unter den Politologen, und zwar nicht nur in unserer Region.
Und weil ich mit Korte in aller Regel politisch – sagen wir mal: voll inhaltlich übereinstimme, und weil ich mich schon gar nicht dem Verdacht des Neides aussetzen wollte, habe ich mir bislang immer gesagt: „Lass mal, Werner, sag´ mal nichts!“ – Aber alles hat so seine Grenzen.

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Karl-Rudolf Korte
Foto: WDR

Professor Kortes Entzauberung

Gestern war es soweit: Korte schrieb wieder mal in der WAZ-Reihe „Mein Blickwinkel“. Überschrift: „Entzauberung gelingt nur durch Einbindung“. Die Moral von der Geschicht´: man solle die Linkspartei nicht ausgrenzen; denn damit mache man sie nur noch attraktiver. Vielmehr solle man sie behandeln wie jede andere Partei auch; so verliere sie ihren Nimbus.
So weit, so gut. Und ich will auch gar nicht abstreiten, dass es in jedem Duisburger SPD-Ortsverein Eindruck macht, diese Argumentation zu „untermauern“ etwa mit: „... sagt auch dieser namhafte Politik-Professor, na der von unserer Uni.“

So ist denn auch die SPD offensichtlich der erste Adressat Kortes. Originalton: die Linke  “vereinnahmt die für die SPD wichtige Vorfeldorganisation der gewerkschaftlichen Vertretungen.“ – Da werden sich die Gewerkschaften aber freuen! Von der Linkspartei lassen sie sich vereinnahmen, obwohl sie doch an sich die Vorfeldorganisation der SPD sind.
Nun gut, ließe sich einwenden, ein Politologe muss die Wahrheit auch dann sagen, wenn sie dem ein oder anderen nicht gefällt. Auf Gefahren aufmerksam machen: „agiert sie geschickt im Gewerkschaftsmilieu“, hat Korte beobachtet. So kennt man ja die Kommunisten. Und das ist ja klar: wenn man die Arbeitnehmer erreichen, die Sozialdemokraten aufrütteln will, kann man sich nicht einer allzu akademischen Sprache bedienen. Da muss man auch mal im Boulevard-Stil posaunen: „Die Linke wildert vor allem im Revier der SPD.“
Abgesehen von der Sprache („Wilderer“), die nicht nur einen primitiven Bildzeitungs-Antikommunismus verrät, sondern auch eine Einstellung, derzufolge Wählergruppen gefälligst in ihr Revier gehören, ist Kortes Stammtisch-Weisheit ja gar nicht mal völlig falsch. Schließlich hat die Linkspartei in Hessen ein Drittel ihrer Stimmen von ehemaligen SPD-Wählern bekommen. Und doch: zu undifferenziert, wie man an der Uni so sagt. Zwei Drittel der Stimmen müssen ja irgendwo anders herkommen. Hätte er sich mal die Tabelle unten rechts angesehen, hätte Korte das wissen können. Und wenn er dann noch meine Kolumne vom 2. Februar gelesen hätte (Auszug unten links), wer weiß: vielleicht wäre Prof. Korte zu Einsichten gelangt, denen das Prädikat „wissenschaftlich“ nicht hätte verwehrt werden können.

Werner Jurga, 10.02.2008

Ja, das weiß ja jeder: die Stimmen für die Linkspartei gehen zu Lasten der SPD. Ein flüchtiger Blick auf die Wählerwanderung in Hessen (oben rechts) scheint dies zu bestätigen: die SPD muss am meisten an die Linken „abgeben“. Bei genauerer Betrachtung der Zahlen fällt allerdings noch mehr ins Auge, z.B. die Grünen: für sie ist die Etablierung der Linkspartei weitaus problematischer als für die SPD. Dass die beiden bürgerlichen Parteien zusammen mehr an die Linken abgegeben haben, spielt keine Rolle. Wichtig allerdings ist etwas Anderes. Lässt sich der Stimmenzuwachs durch die letztmaligen Nichtwähler noch mit der etwas nebulösen Bezeichnung „Protestwähler“ erklären, so ist die – noch etwas größere – Wählerwanderung von den „Anderen“ zur Linkspartei hochinteressant. Denn diese „Anderen“ waren die diversen Rechtsaußenparteien. „Treibsand der Arbeiterklasse“ wurden in der Weimarer Zeit die Wechsler zwischen NSDAP und KPD genannt; heute heißt diese soziale Gruppe Prekariat.

 

Wählerwanderung zur Linkspartei
bei der Landtagswahl in Hessen
am 27.01.2008

FDP                 5000

CDU               16000

Grüne            19000

Nichtwähler  26000

Andere           27000

SPD                32000

Quelle: ARD

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