Nicht viel schlauer

Die politische Internet-Zeitung aus Duisburg

Hinterher ist man immer schlauer, heißt es. Wirklich immer? – Ja: immer!

Zum Beispiel allein schon deshalb, weil bekanntlich keine Antwort auch eine Antwort ist. Aber dieses Beispiel greift in diesem Fall nicht; denn auf meine Fragen an den Oberbürgermeister habe ich sehr wohl eine Antwort bekommen. Ich wollte nämlich einfach mal wissen, wie es um die 30-Millionen-Einlage der DVV bei den Lehman Brothers bestellt ist, und ob das Cross-Border-Leasing (CBL) – Geschäft nicht vielleicht doch irgendwelchen Kummer bereitet.

Gut, nun habe ich wohl eine Antwort bekommen, so zum zweiten Punkt (CBL) ausdrücklich die, dass ich darauf nun keine Antwort bekomme. Ich wurde um Verständnis dafür gebeten, „dass aus Vertraulichkeitsgründen die beteiligten Kreditinstitute nicht namentlich genannt werden können.“ Na sicher habe ich Verständnis; denn zum einen weiß ich ja schon vom Stadtkämmerer, dass es sich „um eine niederländische und eine deutsche (Landes-)Bank“ handelt. Da ich aber nicht weiß, um welche Institute es sich genau handelt, verbieten sich hier Darlegungen über „Fortis“ (warum sollten nicht auch die ING* oder die ABN in eine „Schieflage“ geraten?) oder über den Zustand einiger deutscher Landesbanken**. Dies wäre erstens reine Spekulation und zweitens, noch schlimmer: billiger Klamauk – also gar nicht meine Art.
Zum anderen hat mich bereits Wilfried Haverkamp auf die „Geheimhaltungspflicht, die sich die US-,Investoren´ regelmäßig ausbedungen haben“ hingewiesen. Hier sind wir also

nicht viel schlauer

Kommen wir also zu Punkt Eins, der DVV-Einlage bei Lehman Brothers. Andre Massmann von der NRZ Duisburg, der vor drei Wochen den ganzen Kram aufgewirbelt hatte, hat jetzt nachgehört und vermeldet: „DVV-Geld momentan blockiert“.
Da mutet es zunächst einmal merkwürdig an, wenn es in der Antwort der Stadtverwaltung heißt, dass „aus heutiger Sicht kein Risikopotenzial“ bestehe. Gewiss: es wäre vertrauenserweckender gewesen, wenn mir auch geschrieben worden wäre, dass man an diese „gewöhnliche Festgeldanlage“ einfach nicht heran kommen kann. Auch dass irgendwie vergessen worden ist zu beantworten, wann das Geld dort angelegt worden ist, macht stutzig. Es gibt eine Stadt in NRW, die noch zwei Wochen vor der Lehman-Pleite Millionen eingezahlt hat, und Sie erinnern sich an die KfW-Einzahlung noch am Tag des Konkurses. Also: ein wenig mehr Offenheit könnte durchaus Vertrauen schaffen, oder anders herum: bei diesem Geeiere möge man mir meine Skepsis nicht verübeln.

Aber prinzipiell stimmt es schon: der Einlagensicherungsfonds der deutschen Banken haftet für den Zusammenbruch der Lehman Brothers. Die FTD berichtet, die „Lehman-Pleite belastet Einlagensicherung“; deshalb entstehe ein „Milliardenschaden für Deutschland“ – aber eben nicht für Duisburg.
Vielleicht. Denn es stellt sich die Frage, ob die deutsche Anlagensicherung die Höhe des Schadens überhaupt schultern kann. Ich zitiere aus dem FTD-Artikel:

Potenzieller Schaden: 5 Mrd. Euro

Auch der deutsche Einlagensicherungsfonds ist davon betroffen. Denn über die Deutschland-Tochter der Investmentbank, die Lehman Brothers Bankhaus AG, hat das insolvente Institut hierzulande mehrere Milliarden Euro Schulden gemacht, für die der Sicherungsfonds einstehen muss. In Branchenkreisen war in den letzten Wochen von geschätzten 6 Mrd. Euro die Rede.

Wir wollen hoffen, dass der Fonds – zumal nach Verabschiedung des „Rettungspakets“ – steht. Wenn nicht, geht es letztlich um die Bewertung der DVV. Gewiss ist die DVV kein „institutioneller Anleger“ wie Banken, Versicherungen, Investmentfonds oder andere Kapitalsammelstellen. Aber das gleiche Ausmaß an Naivität wie die ältere Dame, die von Ihrem Bankberater in eine Lehman-Anlage hineingequasselt worden ist, wird die DVV wohl kaum für sich in Anspruch nehmen können.

Ich bin ja mal gespannt.

Werner Jurga, 19.10.2008

 

 * schon passiert  http://www.n24.de/news/newsitem_4006990.html

** wenn´s ja nur der Huber wäre! http://www.zdf.de/ZDFmediathek/content/612252

W.J. am 20.10.08

 

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