Mein lieber Schwan!

Die politische Internet-Zeitung aus Duisburg

Heute wird der SPD-Parteivorstand Gesine Schwan als seine Kandidatin für die Bundespräsidentenwahl am 23. Mai 2009 nominieren. Ein Fehler!

Was man so hört. Es sei das gute Recht einer Volkspartei, eine eigene Kandidatin für die Bundesversammlung aufzustellen. Schon recht. Es sei sogar das Recht einer jeden Partei. Ganz recht. Bei Licht besehen ist es sogar das Recht einer jeden Wahlfrau, eines jeden Wahlmannes in der Bundesversammlung, einen Präsidentschaftskandidaten vorzuschlagen. Eine Landschaft voller Rechte!
Und voller Konzerne. Der größten einer warb vor langer Zeit für seine Rechtsschutzversicherung mit dem ganz und gar zutreffenden Slogan:

“Recht haben allein genügt nicht; man muss auch Recht bekommen!“

Will heißen: Gesine Schwan bekäme die SPD nur durch, wenn auch die Grünen und die Linken in der Bundesversammlung für sie stimmten. In einem Jahr! – Das treibt die Preise in die Höhe; so lässt man sich von den „Kleinen“ vorführen.
Die Union und die FDP sind um die Zukunft Deutschlands besorgt, weil die SPD eine Bundespräsidentin mit den Stimmen der Linken wählen lassen will. Und was sagt der Genosse Generalsekretär dazu? Hubertus Heil gestern Abend im ZDF, in Berlin direkt: das wolle die SPD ja gar nicht. Die Wahl in der Bundesversammlung sei schließlich geheim. Und außerdem – Achtung! – könne ja auch Horst Köhler nicht ausschließen, Stimmen von der Linkspartei oder von der NPD (!) zu erhalten. Hat er wirklich gesagt, der Genosse Heil. Totalitarismustheorie pur!
Das soll noch irgendeiner verstehen: mit der einen Partei koaliert man auf Landesebene (verständlicherweise), die andere Partei will man verbieten lassen (mehr als verständlicherweise), nennt beide Parteien aber locker in einem Atemzug, so wie Pofalla und Westerwelle von den „Radikalen von links und von rechts” schwafeln ... und zwar zur Legitimation der Nominierung Gesine Schwans. Ja super!
Dass Frau Professorin Schwan eine seit Jahrzehnten ausgewiesene Antikommunistin ist, scheint angesichts des drohenden Untergang Deutschlands keinen Menschen zu interessieren. Oder man weiß es nicht. Schwans Besuch bei der Linksfraktion („Bewerbungsgespräch“) verlief jedenfalls in freundlicher Atmosphäre. Dennoch: Gysi weist darauf hin, dass es nichts umsonst gibt. Ebenso Frau Künast – und spätestens hier kann es verdammt teuer werden. Oder eben aus dem GAU einen Super-GAU machen.
Wieso GAU? – Na, weil führende Sozialdemokraten sich in den letzten Wochen öffentlich für eine zweite Amtszeit Köhlers ausgesprochen haben. Die Stones und Struck explizit – und implizit auch Beck. Aber bei linken Spitzengenossinnen wird unser Kurt nun einmal schwach ...

Klar, sich mehr als ein Jahr vor der Präsidentenwahl öffentlich für einen Köhler in die Matsche zu werfen, war natürlich auch blöd. Auch klar, wenn sich die Regierungspartei CDU / CSU mit der Oppositionspartei FDP auf einen Kandidaten verständigen, muss die SPD nicht stramm stehen und dieses Vorgehen abnicken. Warum hat man es nicht dabei belassen, sich über diesen „Koalitionsbruch“ zu echauffieren? Warum hat man nicht gesagt, es tue dem höchsten Amt im Staate nicht gut, es schon jetzt in eine Art Wahlkampf hineinzuziehen? Warum hat man nicht weiter Leute aus der zweiten oder dritten Reihe erlaubt, gegen Köhler zu sticheln? Kurz gesagt, warum hat man sich nicht bitten lassen?

Zumal Horst Köhlers Amtsführung nun keineswegs frei von Fehl und Tadel ist. Aber er hat halt gute Umfragewerte. – Und jetzt ein weiterer Schwenk à la Beck. Ihm heute die Gefolgschaft zu verweigern, käme seinem Sturz gleich.

Verdammt günstige Gelegenheit!

Werner Jurga
26.05.2008

 

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