Märchen vom Klapperstorch

Die politische Internet-Zeitung aus Duisburg

Mein wissenschaftlicher Beitrag zur Theoriediskussion über die Zigeuner der Lüfte schloss frohgemut mit den Worten:
Da bin ich aber froh, dass es noch Menschen gibt, die dieser Theorie entschieden entgegen treten. Erich Glagau zum Beispiel. Wie? Den kennen Sie nicht? – Sollten Sie aber; der ist nämlich Schriftsteller.

Nun mal keine falsche Scham! Dass Sie ihn nicht kennen, kann schlicht und einfach daran liegen, dass Erich Glagau nur sein bürgerlicher Name ist. Als Schriftsteller schreibt er nämlich unter einem Pseudonym: Sixtus Rosenzweig. Das hat sich Herr Glagau absichtlich so ausgesucht, damit auch niemand auf die Idee kommt, er könne irgendwie etwas gegen Juden haben. Unter einem Pseudonym muss er schreiben, weil man in diesem unserem Vaterland– Sie wissen ja Bescheid – mitunter ganz enormen Anfeindungen ausgesetzt ist, wenn man sich mal traut, die Wahrheit zu sagen.
Sixtus Rosenzweig, also bürgerlich: Erich Glagau, zum Beispiel, kommt ohne große Umschweife sofort zur Sache. Schon in der Überschrift schreibt er – jetzt halten Sie sich fest -, ohne sich im Folgenden auch nur mit einer Begründung hierfür aufzuhalten:

„Das Märchen vom Klapperstorch“

Das nenne ich Mut. Zack, kein großes Gelaber, keine gestanzten Argumente, einfach mal klipp und klar: ein Märchen ist es! Sonst nix. Märchen – man könnte auch sagen: Mythos, Erfindung, Geflunker ... Sie haben ja selbst einen Thesaurus. Ein Märchen, schreibt Glagau. Zack, das sitzt. Kein Wunder, dass jetzt schon die Staatsanwaltschaft gegen so einen ermittelt.
Ich weiß es ja schon länger, und ich wollte es ja auch nicht verraten. Aber bevor mir der Schreibstoff ausgeht ... und überhaupt: es stand ja auch schon in der Zeitung.

Nicht dass es hinterher noch so gedreht wird, dass ich den tapferen Herrn angezeigt hätte! Habe ich nämlich gar nicht; ich hatte nur den Herrn Oberstaatsanwalt gebeten zu prüfen, ob hier eine strafbare Handlung vorliegt. Ich hatte nämlich irgendwo einmal gelesen, dass es verboten ist, so etwas zu sagen. Und dass man dafür sogar ins Gefängnis kommt.
Nein, nein, es ist nicht verboten zu behaupten, bei der Klapperstorch-Theorie handele es sich um ein Märchen. Dazu darf jeder seine Meinung frei äußern. Und natürlich darf auch jeder die Frage stellen, die Herr Glagau in seiner Überschrift aufgeworfen hat: „Worin unterscheiden sich das Märchen vom Klapperstorch und dem Holocaust?“ Fragen kostet ja nichts. Aber dann heißt es in dem auf zwei DIN-A-4-Seiten eng geschriebenen Text:
„Sie sehen es gibt unterschiedliche Märchen. Und sogar solche, die gesetzlich geschützt werden.“ Und da habe ich mir gedacht: wenn der das nun nicht so sagen darf, und Du, Werner, hast davon gewusst – nicht dass Sie Dich, also mich, noch dran kriegen.

Es ist nämlich so, dass irgendjemand am 18. November 2007, also bestimmt zufälligerweise am Volkstrauertag, diesen Text in eine Reihe Duisburger Briefkästen gesteckt hatte. In einem Briefumschlag mit Absenderaufkleber – richtig, natürlich: Sixtus Rosenzweig. Unter anderem an eine Leserin von www.jurga.de; und die hat ihn dann ausgerechnet an mich weiter gegeben. Nun stand ich aber dumm da. Was jetzt?
Ich habe die ganze Sache extra noch mal überschlafen. Es war ja Sonntag, und ich traf erst am Montag jemanden von der Bundesregierung. Ich meine: ehe man mich dran kriegt. „Ich werde mich jedenfalls hüten, hier etwas zu leugnen“, aber ich habe niemanden angezeigt: „Ich halte alles für Märchen.“
Das Bundesjustizministerium hat mich dann darüber informiert, dass die das an das Hessische Justizministerium abgegeben haben – „zum Zwecke der Einleitung von Strafermittlungen“. Und von dort ging es dann tatsächlich an den Leitenden Oberstaatsanwalt beim Landgericht Kassel.

Ja, das ist doch nicht meine Schuld! Und schon gar nicht die Schuld besagter Leserin. Deren Namen und Adresse musste ich nämlich rausrücken. Und weil wir in einem Rechtsstaat leben, erhält Herr Glagau selbstverständlich Akteneinsicht. Und da hat er gelesen oder es jedenfalls so verstanden, dass sie eine Strafanzeige gegen ihn erstattet habe. Und da war Erich Glagau mächtig sauer auf meine Leserin. Da hat er sie dann sofort erst einmal angerufen. Letzte Woche ...
Und hat ihr den ganzen Dreck, der schon in seinem Text steht, noch mal versucht zu erklären. Da hat sie sich dann mächtig aufgeregt. So gab dann ein Wort das andere, dann fiel ihm wieder ein, dass sie angeblich Anzeige gegen ihn erstattet habe. Empört fragte er also, ob sie denn allen Ernstes glaube, dass er mit seinen 94 Jahren bis nach Duisburg reise, um dort Zettel zu verteilen. Nein, das glaubte sie nicht.

Ich glaube das eigentlich auch nicht. Wer das hier in Duisburg bloß gewesen sein kann? – In Kleve steht ja ein NPD-Mann unter Verdacht. Ganz auszuschließen ist das ja auch wieder nicht. Obwohl, etwas komisch wäre es ja schon. Wenn ausgerechnet diejenigen, die noch einen Holocaust wollen, bestreiten, dass es überhaupt einen gegeben hat. Was haben die bei der „Besprechung“ am 20.01.1942 am Großen Wannsee denn dann gemeint mit der „Endlösung der Judenfrage“?

Werner Jurga, 27.08.2008

 

P.S. der Ort der Information ist letztes Wochenende mit vielen Hakenkreuzen beschmiert worden.

 

[Jurga] [Home] [März 2010] [Marxloh stellt sich quer] [Februar 2010] [Januar 2010] [2009] [2008] [60 Jahre Israel] [Dezember 2008] [November 2008] [Okt. 2008] [Sept. 2008] [August 2008] [Juli 2008] [Juni 2008] [Mai 2008] [April 2008] [März 2008] [Februar 2008] [Januar 2008] [2007] [Kontakt]