Hoffen erlaubt

Die politische Internet-Zeitung aus Duisburg

Es ist schon etwas später geworden am Donnerstag Abend, und mir ging die Veranstaltung, von der ich gerade heimgekehrt bin nicht aus dem Kopf. Aber um abzuschalten, habe ich mich dann mal „so eben noch“ hingesetzt und mal ein Upload für die Startseite dieser Homepage gemacht. Das Datum von Freitag, also den 07.11.2008, eingetragen und den ein oder anderen interessanten Artikel rausgesucht. So habe ich es für erwähnenswert gehalten, dass Obama bereits seinen Stabschef benannte. Seine Wahl fiel auf Rahm Emanuel, und am informativsten erschien mir

ein Artikel aus der taz

Und wenn ein angehender Stabschef einen hebräischen Namen trägt, dann kann er ruhig den Spitznamen "Rahmbo" tragen oder, wie wir ebenfalls im Artikel zugetragen bekommen („soll“), von Clinton der Schwatzhaftigkeit bezichtigt werden, egal: dann ist er nun einmal ein „Drahtzieher“. Oder, wie es in der Überschrift heißt: ein „Chef-Drahtzieher“. Oder, wie es in der Internet-Adresse heißt: ein „Drahtzieher im Hintergrund“. Auch wenn Rahm Emanuel den ganzen Tag durch die Medien „wanderte“ – so sind sie halt.
Am Donnerstag Abend ist mir das gar nicht mehr aufgefallen. Und so gelangte er dann auf meine Startseite, „der Chef-Drahtzieher von Obama“. Eine kleine Nachlässigkeit. Ich entschuldige mich.

Und da ich am Donnerstag Abend – wie gesagt – eine Veranstaltung besucht habe, ist mir die Sendung „Studio Friedman“ bei N24 entgangen. Da ist nun dem niedersächsischen Ministerpräsidenten und CDU-Hoffnungsträger eine kleine Nachlässigkeit unterlaufen.

Christian Wulf

hat die deutschen Manager in Schutz genommen vor der „Pogromstimmung“, die er im Lande wahrzunehmen glaubte. Und das ausgerechnet beim Michel Friedman. Wulff hat das Wort von der „Pogromstimmung“ bedauert, hat sich sogar entschuldigt … ist aber damit abgeblitzt. Jedenfalls beim Zentralrat der Juden.
So drei Tage vor dem 70. Jahrestag der Pogromnacht labert Wulff denselben Humbug, der vor Kurzem der Chef des Ifo-Instituts, Sinn, von sich gegeben hatte. Der Generalsekretär des Zentralrats, Stephan Kramer, legte Herrn Wulff deshalb einen Rücktritt vom Amt des Ministerpräsidenten nahe. Keine dumme Idee, wie ich meine.
Ich will mich hier nicht zum Moralapostel aufschwingen oder gar ein Urteil darüber fällen, ob Wulffs Mitleid mit den armen Managern nun auf Antisemitismus hinweist oder nicht. Jedoch ist solch ein Geschwätz - drei Tage vor …, drei Wochen nach …, ausgerechnet beim Friedman – ein untrügliches Zeichen dafür, dass dieser Typ „Schwiegermuttis Liebling“ unglaublich überschätzt wird. Ich stelle mir gerade so vor, Bundeskanzler Wulff auf Staatsbesuch bei President Obama. Mich überkommt vorauseilende Fremdscham.

„Die USA nach der Wahl“ hieß die Veranstaltung, die ich am Donnerstag Abend besucht habe. Die WAZ und die katholische Akademie „Die Wolfsburg“ hatten ins große Auditorium geladen; es war rappelvoll. Mich hatte gewundert, wie reibungslos der Übergang von der Bush-Administration auf das Obama-Team vonstatten zu gehen scheint. Dies interessiere in der Tat viele WAZ-Leser, wusste Chefredakteur Ulrich Reitz zu berichten – und ihn erstaune dies auch. Matthew G. Boyse,

der Generalkonsul der USA

in Düsseldorf, beschied uns, dies sei völlig normal. Der Wahlkampf sei jetzt vorbei. Dass jetzt wieder über die Parteigrenzen hinweg zusammen gearbeitet würde, sei doch keine Überraschung. Für uns Deutsche sei das nun einmal schwer zu verstehen. Auch dieses ständige Gerede von „Neocons“ usw. gehe völlig an den Tatsachen vorbei. „Change“ – ja sicher; aber eben alles in demokratischem Rahmen.
Ein paar Wortbeiträge später ließ uns Mr. Boyse noch wissen, dass Germany etwa so groß wie Montana sei, und dass die Deutschen bekanntlich so einen Hang zu Katastrophenszenarien haben. „Neocons“ – so etwas gebe es eigentlich gar nicht. Alles werde gut werden, beruhigte der Herr Generalkonsul das ohnehin überwiegend Obama zugetane Publikum. Sollten allerdings in der Demokratischen Partei linke Kräfte unerwartet großen Einfluss bekommen, dann – ja dann. Mr. Boyse blickte besorgt in den Saal, vermochte sich ein derart düsteres Szenario dann aber doch nicht (öffentlich) vorzustellen.

Was auch immer man von Obama erwarten mag: dass der Change innerhalb von 36 Stunden über den großen Teich bis in das Konsulat nach Düsseldorf schwappt, so schnell ist auch ein Obama nicht. Komisch: immer wenn Mr. Boyse besorgt gewirkt hat, bekam ich so ein richtig gutes Feeling. Hoffen erlaubt!

Werner Jurga, 08.11.2008

 

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