Hände weg von der Musikschule!

Die politische Internet-Zeitung aus Duisburg

Dumme Sache, so was! Richtig blöd. Allein schon vom Timing her. Duisburg hat seine Dienstwagen-Affäre. Und wer hat den Dienstwagen?

Es ist Ralf Hörsken, Leiter des Amtes für Bildung, oder – wie wir in Duisburg jetzt so sagen: Direktor der Bildungs-Holding. Und dann ist er auch noch, wie wir aus der NRZ Duisburg erfahren, „ehrenamtlich agierender Geschäftsführer der GfB“.
Die GfB, die ist gut. Das ist die „Gesellschaft für Beschäftigungsförderung“, die überbetriebliche Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen für derzeit rund 3000 Menschen organisiert und durchführt. „Ehrenamtlich“, das ist auch gut.
Von wegen „ehrenamtlich“! Einen dicken Mercedes hat er bekommen, der Hörsken, dieser „Mann mit Geschmack“, einen „Dienstwagen, Marke Nobel-Hobel“. Und das sei „dreist und instinktlos“, meint Stefan Endell von der NRZ.
Denn für die GfB-Mitarbeiter gab es nur eine Sonder-Anerkennungsprämie von 250 Euro brutto und nicht, wie angedacht, 500 Euro. Aber was das Schlimmste ist: Hörskens „schmucker Dienstwagen der Mercedes-Oberklasse“ – Genaueres weiß Herr Endell nicht – ist noch edler als das Gefährt des GfB-Direktors: Der hauptamtliche Chef der städtischen Firma fährt eine Klasse bescheidener, einen Audi A4.
Stefan Endell und ich empfinden da ganz ähnlich: so ein Daimler ist einfach eine Klasse besser, auch wenn er – wie im Fall Hörsken – eine Klasse preiswerter ist als der Audi, mit dem der Herr Schachta abgespeist wird. Armer GfB-Chef! Zum Ausgleich erhält Schachta eine Tantieme in Höhe von 30 Tausend Euro, und Hörsken die Presse an den Hals. Und als Anerkennungsprämie sozusagen gratis dabei: die liebevollen Kommentare der Leser im derWesten-Blog.

Es ist ja auch wahr: in einer Situation, in der die Schließung von Bibliotheken und anderer wichtiger Bildungsinstitute, wie z.B. der Jugendmusikschule, zur Debatte steht, …
„Quatsch!“ sagt Karl Janssen. Gerüchte. Janssen (CDU) ist als Bildungsdezernent Chef des Dienstwagenempfängers Hörsken (ebenfalls CDU), wohingegen der Dienstwagen-Ideengeber Adolf Sauerland (und auch der: CDU) als Oberbürgermeister der Chef des Beigeordneten Janssen ist. Und der sagt: „Quatsch!“
Der Kulturdezernent kommentiert mit einem knappen „schlichtweg Quatsch†das Gerücht, die Schließung der Musikschule werde bereits vorbereitet. Na klar, Quatsch; wir würden nie etwas Anderes behaupten.

Kein Quatsch ist jedoch, was Dezernent Janssen der WAZ Duisburg erzählt hat:
„Der Verwaltungsvorstand arbeitet an einem Konsolidierungskonzept. Geprüft wird alles. Es gibt keinerlei Beschlüsse.â€
Der Verwaltungsvorstand, das ist die „Regierung“ Sauerland, das Konsolidierungskonzept beinhaltet auch die Niederrheinische Kunst- und Musikschule (NKMS), und „alles“ bedeutet so viel wie: auch eine Schließung ist denkbar.
Es gebe „Diskussionslistenâ€, sagt Janssen. Auch kein Quatsch. Da steht drauf, was das alles so kostet – gut aufgelistet, für die Diskussion. Der städtische Zuschuss beläuft sich gegenwärtig auf rund 2,3 Millionen Euro. Pro Jahr.

Was mag so ein Mercedes Jahr für Jahr kosten? Ich habe wirklich keine Ahnung von Autos. Ich fahre einen VW Fox, selbst bezahlt. Cash. Die Stadt macht bestimmt Leasing oder so. Mit allem Drum und Dran kommen da bestimmt so zehntausend Euro zusammen. Jedes Jahr. Bei Hörskens Daimler. Bei Schachtas Audi entsprechend mehr. Alles grob geschätzt. Was interessieren mich Autos?
Bei der Sonder-Anerkennungsprämie der GfB-Mitarbeiter lässt es einigermaßen sich exakt ausrechnen. Ca. 65 Tausend Euro sollten es werden, es gingen aber nur etwa 32500 Euro an das Personal, 32500 Euro gespart. Also etwa drei Nobel-Hobel. Alles per anno, versteht sich. Wie rechnen Sie denn?
Aber 2,3 Millionen Euro, das ist natürlich schon ein ganz anderer Posten. Da kommen wir so langsam in eine Größenordnung, wo es auch für mich interessant wird. Politisch. Substanziell. Die Kohle für ein oder zwei Nobel-Hobel ist Tratsch.
Klatsch und Tratsch können jedoch auch sehr schnell politisch werden. Schauen Sie mal, Herr Hörsken: ich, mit meinem kleinen VW Fox, selbst bezahlt, Cash. Und dann Sie! Gurken da mit so einem schmucken Daimler auf meine Steuergelder durch die Gegend. Wissen Sie eigentlich, wie lange ich dafür Steuern zahlen muss? Oh doch, Herr Hörsken, ich zahle Steuern!

Und deswegen, ja genau deswegen, werter Herr Direktor der Bildungs-Holding, lassen Sie mich Sie an ein Zitat meines Genossen Otto Schily erinnern: „Wer Musikschulen schließt, gefährdet die innere Sicherheit!“ Die Jugendmusikschule schließen, Herr Direktor, lassen Sie mich das einmal ganz differenziert sagen, kommt überhaupt nicht in Frage! Niemals.
Musikschule schließen, kein Thema, brauchen wir gar nicht erst drüber zu reden, das geht gar nicht. So sagt man das heute. Jedenfalls dann, wenn man nicht mit einem dicken Daimler durch die Gegend braust.
Wenn Sie aus dieser Nummer überhaupt noch einmal irgendwie rauskommen wollen, dann würde ich an Ihrer Stelle jetzt aber schleunigst zusehen, dass das mit der Musikschule in Ordnung geht. Das ist Ihr Job, Herr Bildungsholdingsdirektor! Und bringen Sie Ihren Boss, den Jahreskulturmanager, mal von seinen diesbezüglichen Konsolidierungsphantasien ab!
Nach dieser Nummer, Hörsken – ich sage es Ihnen: sehen Sie bloß zu, dass der „Verwaltungsvorstand“ nicht ankommt und an die NKMS dran will. Sie sind der Direktor! Sie werden doch wohl mit diesem ömmeligen „Verwaltungsvorstand“ fertig werden. Sonst sehe ich aber wirklich schwarz für Sie. Ihre politische Farbe, wissen Sie ja Bescheid. Ran an die Buletten! Und lassen Sie schön die Hände am Lenkrad!
Der edle Mercedes. Der hat doch ganz bestimmt auch so ein Autotelefon, Freisprechanlage oder so was. Gehen Sie ordentlich mit dem Daimler um! Volkseigentum. Die Hände bleiben am Lenkrad! Und merken Sie sich: Hände weg von der Jugendmusikschule!

Werner Jurga, 20.12.2009

 

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