Friedensnobelpreis

Die politische Internet-Zeitung aus Duisburg

Zu früh gekommen, sei er, der Friedensnobelpreis; denn er habe ja noch gar nichts geleistet, der Obama. So kommentiert der politische Kommentator, ohne dabei in Erwägung zu ziehen, dass es beim nächsten Mal schon allein deshalb zu spät sein könnte, für den Friedensnobelpreis, weil er dann schon nicht mehr dafür in Frage käme, der Obama. 

Obama hat das Vorhaben der Bush-Administration gestoppt, ein Raketenabwehrsystem in Polen und Tschechien zu stationieren, sprich: den Russen direkt vor die Haustür zu stellen. Gemäß eines von Israels Präsidenten Peres vermittelten Agreements verzichtet Russland im Gegenzug darauf, Kurzstreckenraketen in der Nähe von Kaliningrad, dem ehemaligen Königsberg, zu stationieren.
Nichts geleistet? Wer sich an die vor dreißig Jahren einsetzende und vor fünfundzwanzig Jahren beendete Auseinandersetzung um die sog. „Nachrüstung“ erinnert, wird ermessen können, wie fundamental auch diesmal wieder Frieden und Stabilität in Europa auf dem Spiel gestanden haben.
Die Bush-Administration hatte die Notwendigkeit eines Raketenschilds in Osteuropa damit legitimiert, die Vereinigten Staaten vor Angriffen iranischer Langstreckenraketen schützen zu wollen. Nun verfügt jedoch, um nur diesen einen Einwand anzumerken, der Iran über gar keine Langstreckenraketen, womit es Obama immerhin gelang, die Zustimmung seiner Landsleute für diesen Verzicht zu gewinnen.

Das Friedensnobelpreis-Komitee hat noch eine Reihe weiterer Gründe dafür benannt, den amtierenden US-Präsidenten auszuzeichnen. So hat Obama die UNO auf das Ziel einer atomwaffenfreien Welt festlegen können und dem Iran umfassende Gespräche mit dem Ziel einer Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen angeboten.
Insbesondere an diesem Punkt setzt die Kritik an, Obama habe „noch nichts geleistet“. In der Tat – nur: wie hätte er auch. Oder genauer: was hätte er auch leisten sollen.
 

Gerade noch rechtzeitig

Unterdessen geht Ahmadinedschads Verwirrspiel um das iranische Atomprogramm munter weiter. Da hören wir, die Mullahs könnten sich darauf einlassen, Uran in Russland anreichern zu lassen, also auf eigene Anlagen zu verzichten. Etwa gleichzeitig ist zu vernehmen, dass der Iran über Jahre eine weitere Urananreicherungsanlage geheim gehalten hat, größer als die bislang bekannte. Und ebenfalls gleichzeitig testet der Iran erfolgreich Mittelstreckenraketen.
Die USA liegen freilich nicht in deren Reichweite, dafür aber der gesamte Nahe und Mittlere Osten sowie Teile Südosteuropas und größere Gebiete in Russland und China. Nach wie vor dementiert der Iran, dass sein Atomprogramm überhaupt einen militärischen Charakter habe.

Dabei kommt Ahmadinedschad auf seinem Weg zur Bombe zügig voran. Und niemand kann sagen, wie weit der Diktator gehen wird. Sicher ist dagegen, dass der moment of truth, der Tag der Entscheidung, nicht in allzu weiter Ferne liegt. Bis zum Oktober 2010, also bis zur Bekanntgabe des nächsten Friedensnobelpreisträgers, wird sich herausgestellt haben, ob das Mullah-Regime einlenkt. Oder eben nicht.
Es bedarf keiner großen Erläuterung, dass „die iranische Bombe“ weder mit dem Sicherheitsinteresse Israels noch mit dem der arabischen Nachbarn in Einklang zu bringen ist. Dass ein nukleares Wettrüsten im Nahen und Mittleren Osten nicht zu der Vision einer atomwaffenfreien Welt passt, sondern vielmehr das Ende aller Bemühungen um die Nichtweiterverbreitung von Kernwaffen bedeutete, ist ebenfalls klar. Nur: dazu wird es nicht kommen.
„Die iranische Bombe“ wird es nicht geben. Noch besteht ein Rest Hoffnung, dass das Regime einlenken wird. Doch in Teheran sind auch irrationale Kräfte am Werk und, schlimmer noch, Kräfte, die vermeintlich rationale Interessen an einer militärischen Eskalation formulieren. Was also, wenn Teheran nicht beigibt?

Auf diese Frage, berichtet der Spiegel über Bundeskanzlerin Merkel, habe US-Präsident Bush ihr geantwortet, Wissen ließe sich nicht bombardieren. Dabei erweckt der Spiegel den Eindruck, Merkel habe Bushs faktisches No zu einer US-Militäroperation mit Freude und Genugtuung aufgenommen. Sollte sich die Freundin Israels tatsächlich darüber gefreut haben, dass George W. Bush entschlossen war, den jüdischen Bündnispartner im Ernstfall hängen zu lassen?
Wie auch immer: die Bush-Administration wurde abgewählt. Aus der Obama-Regierung sind hier ganz andere Statements zu vernehmen. Ein Pflock für den Weltfrieden. Hat also Obama noch „nichts geleistet“?

Obama ist bereit, dem Iran so weit wie irgend möglich entgegenzukommen. Der Friedensnobelpreis, befürchte ich, wird ihm in diesem Kampf um den Weltfrieden nicht viel nützen. Aber „verdient“ hat er ihn schon, der Obama den Friedensnobelpreis. Und er kommt auch nicht zu früh, sondern gerade noch rechtzeitig.

Werner Jurga, 11.10.2009

 

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