Free Tibet - lieber nicht!

Die politische Internet-Zeitung aus Duisburg

Der Sportausschussvorsitzende im Deutschen Bundestag, Dr. Peter Danckert (SPD), hat gestern dazu aufgerufen, klar und unmissverständlich seine Meinung zu China zu sagen. Nun gut:

  • Das Ausmaß der Menschenrechtsverletzungen des chinesischen Terrorregimes ist erschreckend und durch nichts zu rechtfertigen.
  • Das außergewöhnlich harte Strafrecht, insbesondere der exorbitante Vollzug der Todesstrafe in China – mitunter öffentlich, mitunter für Bagatelldelikte, mitunter im Interesse der Verwertung der inneren Organe der Hingerichteten – ist abstoßend.
  • China ist ein äußerst brutaler Polizeistaat mit einem ungezügelt kapitalistischen Wirtschaftssystem, das Hunderte Millionen Menschen in bittere Armut, in Sklavenarbeit und / oder in - im wahrsten Sinne des Wortes - lebensgefährliche „Arbeitsverhältnisse“ treibt.
  • Jegliche Opposition wird in beispielloser Art und Weise unterdrückt, wobei Massenterror und Massenmord nur die sichtbarsten („chinesische Karte“) Ausdrucksformen darstellen.
  • Wir müssen, obwohl kein Journalist zusehen durfte, davon ausgehen, dass der Aufstand von Lhasa – mit der Parole:

                                                 Free Tibet !

    mit ähnlicher Brutalität wie die Revolte auf dem Tiananmen-Platz niedergewalzt wurde und dabei Hunderte Menschen getötet wurden.
    Wir wissen, dass – so ist das bei einem Aufstand – die Gewalt von den Oppositionellen ausging, und dass diese ein separatistisches Ziel verfolgen, nämlich die staatliche Unabhängigkeit Tibets von China. Dies gilt jedenfalls für die Organisatoren des Aufstands, die dabei keineswegs – wie die chinesische Propaganda behauptet – vom Dalai Lama gesteuert wurden oder werden. Dieser hat wegen der gewalttätigen Exzesse der Rebellen sogar gedroht, sein Amt als „Gottkönig“ der Tibeter niederzulegen. Die Exzesse bestanden darin, dass der Mob aus tibetischer Bevölkerungsmehrheit gegen die – gezielt angesiedelte – chinesische Bevölkerungsminderheit vorgegangen ist. Auch wenn es die chinesische Propaganda sagt – wahr ist: tibetische „Freiheitskämpfer“ haben unbewaffnete, unschuldige Zivilisten gemordet – weil sie chinesisch waren.
    Tibet ist flächenmäßig das zweitgrößte „autonome“ Gebiet der Volksrepublik China. Ein Viertel größer – also das größte „autonome“ Gebiet – ist Xinjiang. Flächenmäßig (siehe Karte unten). Bevölkerungsmäßig sieht die Sache allerdings wesentlicher deutlicher aus.
    2,5 Millionen Tibeter leben Grenze an Grenze mit etwa 12 Millionen Menschen in Xinjiang, bevölkert von verschiedenen Turkvölkern, hauptsächlich Uiguren, die einem nicht minder starken Sinisierungsdruck ausgesetzt sind. Uigurische Separatisten, pan-türkische, vor allem aber islamistische, wehren sich dagegen mit regionalen Unruhen, El Kaida – wie überall – auch mit Terroranschlägen.
    Ein „freies“ Tibet würde blitzschnell ein „freies“ Xinjiang nach sich ziehen. Nach furchtbar langen und blutigen Separationskriegen, versteht sich. Vor diesem Hintergrund: Free Tibet ?

Lieber nicht !

Damit habe ich wohl, lieber Genosse Danckert, klar und unmissverständlich meine Meinung zu China gesagt. Ganz schön mutig, was? – Ach, es geht. Was ist schon dabei, die Position der Bundesregierung, der EU, der UNO usw. vorzutragen?

Werner Jurga, 09.04.2008

China-Xinjiang

 

Karte aus: wikipedia

Das rot markierte Gebiet ist Xinjiang. Das südlich davon gelegene - annähernd gleich große - Gebiet ist Tibet.

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