Offener Brief an Dierkes

Die politische Internet-Zeitung aus Duisburg

 

Gestern, am 14.01.09, hat Hermann Dierkes, Fraktionsvorsitzender und OB-Kandidat der Duisburger Linkspartei, in einem Offenen Brief an die Duisburger DIG seine Auffassungen zur DIG-Presseerklärung vom 12. 01.09 dargelegt. Ich habe ihm geantwortet.

 

Der Kreisverband der Linken warnt davor, die Kritik an der israelischen Regierung mit Antisemitismus zu verwechseln oder zu vermengen. Rassismus und Hasspredigten jeder Art dürften keinen Platz in der politischen Auseinandersetzung haben. Das Eindringen der Polizei in die Wohnung und das Entfernen der israelischen Fahne verstößt nach Auffassung der Linken gegen das Recht der freien Meinungsäußerung und gegen das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung.
(aus der WAZ Duisburg vom 15. Januar 2009)

 

Dr. Werner Jurga                                                                                                               Duisburg, den 15.01.09
Israel-Lobbyist

 
Offener Brief

Hermann Dierkes

OB-Kandidat für DIE LINKE Duisburg

 
 

Herr Dierkes,
 

in unserer privaten Korrespondenz hatten Sie sich immer wieder mal darüber beklagt, dass öffentliche Stellungnahmen Ihrerseits von den Lokalzeitungen in derart starkem Maße gekürzt werden, dass Ihr Anliegen im Grunde unverständlich bleibt oder sogar bei den Lesern ein völlig falscher Eindruck über die Absichten Ihrer Politik entstehen muss. 

Mit diesem Klagen haben Sie unzweifelhaft Recht, was ich den Lesern meiner kleinen Homepage heute belegen möchte - am Beispiel Ihres Offenen Briefes an die AG Duisburg-Mülheim-Oberhausen der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG).
Das, was ich oben aus der heutigen WAZ zitiere, ist alles, was man meint, berichten zu müssen. Dabei haben Sie Herrn Reichwein und den sehr geehrten Damen und Herren, von denen ich einer bin, mehr als drei Word-Seiten geschrieben. Auf zwei jämmerliche Allerwelts-Sätze zusammengepfercht findet sich Ihre Auffassung in der Zeitung wieder. Dabei haben Sie in Ihrer epischen Breite alle zur Thematik gehörenden Aspekte ausführlich gestreift. 

Sie machen es aber diesen Schreiberlingen auch leicht – diesen Vorwurf kann ich Ihnen nicht ersparen, Ihre Position so sinnentstellend zusammenzukürzen. Ehrlich Dierkes, Sie schwafeln da so ein kompliziertes Kauderwelsch daher! So geht das nicht; das kapiert doch keiner. Warum machen Sie es nicht einfach so wie der Ahmadinedschad und sagen:

 Israel muss von der Landkarte gewischt werden

Aber nein, das könnte ja Ärger geben, da fehlt es noch an Bewusstsein. Also dieses Gelaber:
Der Preis dafür droht immer furchtbarer zu werden – für die Palästinenser, aber auch für das jüdische Volk in Israel selbst. Es handelt sich um die größte Militärmacht der Region, die ihre strategischen Interessen und ihren ethnischen Fundamentalismus rücksichtslos durchsetzen will, nach innen wie nach außen, mit allen sozial und finanziell schlimmen Folgen, Zerwürfnissen und Opfern. Wie lange kann das noch „gut“ gehen? Ich bin davon überzeugt: Das kann keine Zukunft haben und es müssen endlich andere Wege beschritten werden, um den Frieden in Israel/Palästina dauerhaft zu erreichen und zu sichern.

Sie glauben doch nicht im Ernst, Dierkes, dass das mit dem ethnischen Fundamentalismus alle Leute kapieren würden. Egal: Fundamentalismus, das ist nichts Gutes. Und ethnische Säuberungen, die kennen wir ja aus dem Balkankrieg. Muss also irgendetwas mit Völkermord zu tun haben. Logisch, denn die von der DIG beschwören gewissermaßen einen zweiten Holocaust.

Trotzdem: ethnischer Fundamentalismus, was kann das nur sein?
Zunächst einmal: ziemlicher Quatsch. Sie meinen nämlich, wie Sie schreiben, das jüdische Volk in Israel selbst. Schön, dass Sie dieses Mantra der israelischen Regierungspolitik so unbekümmert rezitieren, nur: es gibt kein jüdisches Volk im ethnischen Sinne. Die Äthiopierin, die an der Café-Tür die blonde Bankangestellte kontrolliert, weil „terroristische Organisationen wie Hamas“, wie Sie uns schön in Anführzeichen zitieren, Selbstmordattentate ankündigen und während der Zweiten Intifada durchgeführt hatten, gehört nicht zur gleichen Ethnie wie Juden, die aus Marokko eingewandert sind. Oder aus dem Iran.

Lassen wir diese Feinheiten: Jude ist Jude. Klar: ein jüdisches Volk. Und bei dem handelt (es) sich um die größte Militärmacht der Region, schreiben Sie. Wie bitte? Das kann in der Eile ja mal passieren? Dierkes, zwingen Sie mich nicht, all die anderen Beispiele auf den drei Seiten anzuführen, die in Ihrer Dusseligkeit Ihren tief sitzenden Antisemitismus zu Hauf belegen.
Selbstverständlich ist die Kritik an der israelischen Regierung (nicht) mit Antisemitismus zu verwechseln; aber ich kann auch beim besten Willen in Ihrem Text keinerlei Kritik an der israelischen Regierung finden. Nur diesen widerwärtigen …
Wie lange kann das noch „gut“ gehen? Sie meinen die Politik des ethnischen Fundamentalismus, sprich: das Pochen darauf, dass Israel ein jüdischer Staat ist. Aber Sie wissen es ja: in bester epischer Tradition tröten Sie am Schluss Ihrer Darlegungen die Fanfare des heraufziehenden Paradieses:

Ich bin davon überzeugt: Das kann keine Zukunft haben

- also sprachlich halten sich Herr Reichwein oder ich nicht so eng an Israel wie Sie an Ahmadinedschad - und es müssen endlich andere Wege beschritten werden, um den Frieden in Israel/Palästina dauerhaft zu erreichen und zu sichern.
Ich übersehe jetzt einfach mal dieses zu erreichen und zu sichern und belasse es bei der Feststellung, dass Ihr starker Slash bei Israel/Palästina nicht als Plädoyer für eine Zwei-Staaten-Lösung misszuverstehen ist.

Sie sind, schreiben Sie, institutionell gesehen - kein „politisch Verantwortlicher in unserer Stadt“. Sie werden verstehen, dass ich mir wünsche, dass es so bleibt. Dass Sie ein politisch unverantwortlicher Ratsherr bleiben werden, werde ich wohl nicht verhindern können. Aber nach diesen Ihren Einlassungen zu dem relativ untergeordneten Zwischenfall am 10.01.09, wie Sie zu formulieren beliebten, werde ich meinen bescheidenen Teil dazu beisteuern, dass Ihr Einfluss auf die Geschicke Duisburgs in engen Grenzen verbleibt. Die Duisburger Linke …


Ich bin davon überzeugt: Das kann keine Zukunft haben!
 

 

Am 27. Januar ist der von der UNO ausgerufene Internationale Holocaust Gedenktag. Ich weiß, Sie mögen derartige „Vermischungen“ nicht. Bestimmt liegt es daran, dass wir uns bislang noch nie bei diesen Gedenkveranstaltungen begegnet sind. Wir sind uns überhaupt noch nie begegnet. Sie haben gewiss Verständnis, Dierkes, dass ich hoffe, dass dies so bleibt.

 

gez. Dr. Werner Jurga

 

 

Alle blau und kursiv markierten Textpassagen sind dem Dierkes-Brief entnommen. Den gesamten Brief zu dokumentieren ist mir nicht möglich, weil das Verbreiten antisemitischer Schriften hierzulande eine Straftat darstellt. 

 

 

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