Aquarismus

Die politische Internet-Zeitung aus Duisburg

Schon wieder eine Korrespondenz mit Stefan Laurin, dem Kollegen von den Ruhrbaronen.

Zunächst über die Stasi und SPD heutzutage, dann über all die DDR-Stasinows damals, und jetzt über die Gretchenfrage. Wie hältst Du es mit der Religion? Oder auch: wie halte ich es mit Fisch? Genauer: mit dem Verzehr desselbigen. Und das kam so:
Stefan initiierte bei den Baronen eine Twitterwette Europawahlprognosenpetze. Er schrieb: Wir wollen von Euch wissen, wann es das erste seriöse Ergebnis auf Twitter gibt - bitte auf die Minute genau.
Und damit es auch Spaß macht, hat Stefan einen Preis ausgelobt: Zu gewinnen gibt es auch etwas und zwar einen Barsch.

Ich hatte dazu eine Frage, wollte mich aber nicht an der Twitterwette beteiligen. Wie auch? Und vor allem: ich esse keinen Fisch! Dies teilte ich Stefan Laurin mit und wies dabei auf religiöse Speisevorschriften, also –verbote hin. Daraufhin erreicht mich diese kurze eMail:

Stefan Laurin schrieb:
Welche Religion verbietet Fisch?

 

Hi Stefan,

zugegeben: es gibt (noch?) keine Weltreligion, mit der mir als Aquaristen ökumenische Gespräche einigermaßen sinnvoll erscheinen könnten.

Als Aquarist glaube ich fest daran, dass alles Leben seinen Ursprung im Wasser hat. Insofern halte ich den Verzehr von Fischen, aber auch von Meeres - "Früchten" (welch ein abscheuliches Wort) für sehr sündhaft.

Dass ich schon im frühen Kindesalter zu diesem Glauben gefunden hatte, verdanke ich der Oma, die mich großgezogen hat (und die ich "Mama" nannte). Sie liebte mich so sehr, dass schon das kleinste Quäken (insofern auch: Quäker) meinerseits sie veranlasst hatte, mir unverzüglich etwas Gescheites auf den Tisch zu stellen.
Und dann dieser Gestank, wenn man an einem Nordsee-Laden vorbeiläuft ...

Hoch lebe Poseidon!
Viva Aquarius!

Werner

 

Nachtrag:

Wie das bei neuen Erweckungsbewegungen so ist: man startet als Außenseiter. Nicht mal Wikipedia ist der Aquarismus einen Eintrag wert. Ausgrenzung!
Einen groben Überblick über den Aquarismus finden Sie hier oder hier.
Von besonderer sakraler Bedeutung ist, was die Religion auch für Ungläubige attraktiv machen könnte, die Bumslatte; siehe hier.
Einen ganz anderen Zugang zum Thema – vielleicht etwas ernster zu nehmen - bieten soziologische Überlegungen. Sie besagen, dass im Zuge des Zivilisationsprozesses die Erinnerung an das getötete Tier sukzessive - zumindest bei Tische - zurückgedrängt wird. - vgl.: Claus-Dieter Rath: Reste der Tafelrunde. Rath lehnt seine Theorie dabei eng an Norbert Elias an.
Ich persönlich finde bspw. Augen auf dem Teller nicht sonderlich appetitanregend.
Auch so ein Hähnchenschenkel ist ohne weiteres als Bein erkennbar.

Also: ich esse keine toten Tiere. Gyros - ja, das ist etwas Leckeres. Oder auch mal einen Burger. Als Deutscher mag ich freilich weder auf eine Currywurst noch auf Schnitzel verzichten. Aber tote Tiere? - Ich will sowas nicht sehen und auch nicht daran erinnert werden.
Egal, welche neue Tendenz Du nimmst: nouvel cousine der Schickeria, fast food der Kids, das Futter der Bio-Ökos - mit dem Killen eines Viehs wird nicht mehr geprotzt.
Das sah vor einiger Zeit noch deutlich anders aus. 

Werner Jurga, 08.06.2009

 

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