„Unsere Spezies ist nicht so bedeutend“
Donnerstag, 22. September. Am Montag, den 19. September
2011, also im Vorfeld des Papstbesuchs, stellte sich die ARD-Sendung „Hart, aber fair“
der Frage „Oh Gott, der Papst kommt - was denkt Deutschland über Benedikts
Kirche?“ Im Mittelpunkt der Diskussion standen der Missbrauchsskandal, der
Zölibat und die Sexualmoral der katholischen Kirche. Es diskutierten ein
Fernsehmönch und eine begeisterte junge Katholikin aus der „Generation
Benedikt“, der WDR-Fernsehberater Jürgen Domian und Wolfgang Niedecken von der
Gruppe BAP.
Sowie last, but not least Michael
Schmidt-Salomon, Geschäftsführer der Giordano Bruno Stiftung
und als solcher eine Art inoffizieller Sprecher der Atheisten in Deutschland,
der nach einer Stunde und sechs Minuten – mehr oder weniger ungefragt – die
Gelegenheit ergriff, sein Weltbild zu erläutern. Schmidt-Salomon wörtlich – zum Teil an „Bruder Paulus“ gerichtet:
(Foto: Ungaroo via Wikipedia)
„Das
Grundproblem ist heute, dass die Kirche Wahrheiten anbietet, die in einem
starken Widerspruch zu dem stehen, was wir heute über das Universum wissen. Zum
Beispiel behauptet die Kirche mit ihrer Lehre notwendigerweise, dass der Mensch
die Krone einer göttlichen Schöpfung ist. Dabei sind wir sehr wahrscheinlich
nur die Neandertaler von morgen. Und das sind die Ergebnisse, mit denen wir uns
beschäftigen müssen: wir wissen, dass in 500 Millionen Jahren keine höhere
Lebensform mehr auf diesem Planeten leben wird. In zwei Milliarden Jahren ist
es ein reiner Wüstenplanet, die Erde. D.h. wenn ein Gott so etwas konzipiert
hat, dann muss man sich ja fragen, warum hat er das getan. Wie passt das noch
zu Ihren Überzeugungen.
Oder: Sie stellen sich immer dahin, als wäre schon vom Anfang an das Christentum gedacht gewesen. Aber Homo sapiens gibt es 200 Tausend Jahre; davon sind wir 99 Prozent ohne Christentum ausgekommen. Aber weil sie sich so einen beschränkten Ausschnitt aus der Wirklichkeit nehmen, kommt Ihnen das Christentum so unglaublich bedeutend vor. Auch unsere Spezies ist nicht so bedeutend. Hinter dem ganzen christlichen Glauben – das ist einer der Gründe, warum ich nicht Theologie studiert habe – steckt doch ein Größenwahn dieser Spezies. Wir bilden uns ein, dass der imaginäre Schöpfer des gigantischen Universums sich ausgerechnet in unserer zufällig entstandenen und bald wieder aussterbenden Primatenart inkarniert hat. Das ist doch ein Größenwahn ersten Ranges. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie man so etwas noch glauben kann."
(Es folgt Jürgen Domian mit der Bitte um Toleranz für den christlichen Glauben.)
Tja,
da hat er irgendwie Recht, der Herr Schmidt-Salomon. Besonders gut
überlegt hat er sich das ja nun nicht, dieser Gott, dieser Herr. In 500
Millionen Jahren ist hier so gut wie alles aus. Keine höhere Lebensform
mehr. In zwei Milliarden Jahren ein reiner Wüstenplanet und, wenn ich
das noch hinzufügen darf, noch ein wenig später von der Sonne gefressen.
Einfach verbrannt.
Wie kann man da noch glauben, dass der liebe
Gott es gut mit uns meinen könnte?! Mit uns Menschen, die wir zwar
höhere Lebensformen sind, aber eben nicht die Krone der Schöpfung. Das
anzunehmen ist nämlich Größenwahn, und zwar ein Größenwahn ersten
Ranges! Unsere Spezies ist nämlich gar nicht so bedeutend. Eher so die
Neandertaler von morgen. Wahrscheinlich. Sagt Schmidt-Salomon. Wenn ich
ihn an dieser Stelle korrigieren darf: ganz bestimmt. Denn inzwischen
ist ja wissenschaftlich erwiesen, dass wir auch die Nachfahren der
Neandertaler sind.
Und ganz bestimmt war auch dieser Jesus ein
Nachfahre auch der Neandertaler und schon allein deshalb gewiss keine
Inkarnation eines vermeintlich allmächtigen Gottes in einen Menschen.
Gut, dass wir das jetzt einmal geklärt haben. Wir merken uns: so
bedeutend sind wir gar nicht. Wir müssen jetzt einfach mal wegkommen von
diesem absurden Größenwahn. Letztlich ist sowieso Alles ziemlich
wurscht. Dieser Planet hat keine Zukunft; das ist wissenschaftlich
erwiesen. Wenn Sie so wollen: irgendwie ist Alles scheißegal.
Und
deshalb biegen Sie sich so eine Story von einem Gott zurecht, weil Sie
es einfach nicht ertragen können, wie unwichtig Sie sind. So sieht es
doch aus! Es ist einfach Alles so furchtbar sinnlos. Unter diesen
Umständen kann man eigentlich nur Michael Schmidt-Salomon bewundern, der
trotz der von ihm erkannten Bedeutungslosigkeit des Seins immer noch
die Kraft aufbringt, sich in eine Fernsehtalkshow zu setzen und die
Leute über diese Tatsachen aufzuklären. In zwei Milliarden Jahren ist
die Erde ein reiner Wüstenplanet. Jetzt erklären Sie mir mal, warum Sie
sich für morgen früh noch den Wecker stellen!
Werner Jurga, 22.09.2011
